E-Commerce ist Teil unserer DNA
Online Marketing

E-Commerce ist Teil unserer DNA

Max Wittrock ist Mitgründer von mymuesli. Im Interview erklärt er uns, warum die Müsli-Dosen rund sind und alle Marketing-Kanäle gleich wichtig.

von Hannes Hilbrecht
Max Wittrock gründete mit zwei Partnern mymuesli. © mymuesli by Viktor Strasse

Max, vor ein paar Wochen führten wir ein Interview mit einem Gründer, der in Greifswald startete Die Rede ist von Maximilian Block von advocado. Er erzählte uns im Interview unter anderem warum Content Marketing langlebiger ist als Werbeanzeigen. Zum Interview., und der vom Standortvorteil der "kleinen" Stadt sprach. Nun habt ihr MyMuesli in Passau unter ganz ähnlichen Bedingungen gegründet. Welche Vorzüge hatte für Euch die kleine Universitätsstadt?
Am allerwichtigsten vielleicht: Dass es in der Zeit unserer Gründung wenig Ablenkung gab. Wir konnten uns komplett auf die Firma konzentrieren. Dazu kommen die geringeren Lebenshaltungskosten, die uns in der Startphase entlasteten. Und natürlich ist Passau ein Ort, an dem wir uns sehr zuhause fühlen. Ich denke, das ist beim Gründen mit das wichtigste: Dass man sich dort wohlfühlt, wo man ein Unternehmen aufbaut.

Nun ist mymuesli eine deutschlandweit populäre Marke. Wie oft habt Ihr schon daran gedacht, den Firmensitz zu verlagern, nach München, Hamburg oder Berlin?
Wir haben noch nie ernsthaft darüber nachgedacht, den Hauptsitz aus Passau zu verlegen. Allerdings haben wir vor einigen Jahren ein zusätzliches Büro in Berlin aufgemacht.

Warum?
Es ging uns vor allem um neue Mitarbeiter und um unsere internationale Expansion. Gerade im Marketing ist es manchmal schwer, in Niederbayern die richtigen Kandidaten zu finden, etwa, wenn es um Internationalität geht. Unsere schwedische E-Commerce-Expertin hätten wir bei uns in der Passauer Region wahrscheinlich nie gefunden. Wir nutzen also für bestimmte Stellen und Anforderungen den Job-Markt in Berlin.

Wie läuft die internationale Expansion?
Ziemlich gut. Wenn ich richtig zähle, sind wir in neun Ländern verfügbar. Gerade sind wir in Frankreich gestartet.

Was ich spannend finde. Das spricht ja ein bisschen gegen den Trend. Der E-Commerce-Experte Kai Hudetz hat uns gesagt, dass der Online-Handel weiter rasant wächst, allerdings mit der Ausnahme im Food-Bereich. Warum seid Ihr erfolgreich?
Das ist eine schwierige Frage. Ich versuch’s mal: Also zum einen glaube ich, dass wir ein wirklich gutes Produkt machen. Das ist schon mal die Basis für alles andere. Zum anderen sind wir ja kein Vollsortimenter, der angetreten ist, um mit Supermärkten zu konkurrieren. Sondern wir sind ein Spezialist. Ein Nischen-Anbieter, wenn man so will – der on- und offline verbinden will, anstatt eines davon abzuschaffen. Vielleicht sind wir deswegen nicht ganz vergleichbar mit vielen anderen Konzepten. 

Anders gefragt: Wieso seid Ihr als Nischen-Anbieter also erfolgreich?
Ich fang wieder mit dem Produkt an: Wichtig war, dass wir uns bei unserer Gründung für ein Produkt in einer Nische mit einem klaren USP entschieden haben. Ein Unternehmen, das es möglich macht, Müsli variabel und online zusammenzustellen, gab es vorher nicht. Zudem erreichen wir mit diesem Angebot auch viele kleinere Zielgruppen, die für viele Anbieter gar nicht relevant wären. Zum Beispiel Sportler, Rosinenhasser oder Allergiker und Menschen mit Lebensmittelunverträglichkeiten, die mit den fertigen Mischungen aus dem Supermarkt oft Probleme haben, ob für einen selbst oder als Geschenk.

People love customization, but hate to customize.

Euer Konfigurator ist das "Herz" Eurer Website. Was muss er "können"?
Man sagt ja: "People love customization, but hate to customize." Und genauso ist es: Kunden finden es toll, wenn ihr Name auf einer Müslidose steht. Aber sie werden eher ungern selbst aktiv, wenn’s zu lange dauert. Oder anders gesagt: Es darf nicht zu aufwendig sein und muss Spaß machen. Deshalb ist die Benutzerfreundlichkeit des Konfigurators und der gesamten Website so entscheidend. Wir müssen es den Kunden so leicht und anschaulich wie möglich machen, damit sie die Lust am Zusammenstellen und Mixen nicht verlieren.

Worauf legt Ihr in der UX und Customer Journey besonders viel Wert?
Dass die Produkte möglichst schnell und unkompliziert zu finden und zu erreichen sind. Gleiches gilt auch für den Konfigurator, bei dem vor allem die leichte und intuitive Bedienung zählt. 

Wie viel Zeit steckt Ihr in die Entwicklung?
Da müsste ich für genaue Details das entsprechende Team fragen, aber was ich sagen kann: Eine Website ist ja nie fertig, man kann ständig optimieren und Dinge besser machen. Und wir sind eben kein Hersteller, der seit neuestem auch eine Website hat. Sondern wir kommen vom E-Commerce, das ist ein großer Teil unserer DNA. Deswegen ist der Ehrgeiz auch groß, dass wir uns da ständig verbessern.

Habt Ihr damals mal darüber nachgedacht, Euren Konfigurator an bestehende Müsli- und Cornflakeshersteller zu verkaufen?
Das war nie eine Option. Wir sind nicht als Plattform für Mass-Customization gestartet, sondern sind und waren in unser Produkt verliebt, in Müsli und damit auch in die Vorstellung, neue Müsli-Sorten zu kreieren oder von Kunden kreieren zu lassen. Das hätten wir mit einer Lizenzierung unserer Software nicht erreicht. 

Wie viele Kunden stellen sich im Schnitt ihr individuelles Produkt zusammen?
Jede dritte Bestellung circa enthält mindestens einen Custom-Mix.

Ihr sitzt durch den Konfigurator auf einem Daten-Goldschatz. Ich rede nicht von Mail-Adressen und Telefonnummern, sondern von Trends. Zum Beispiel: Welches Getreide gerade besonders beliebt ist. 
Und diese Daten nutzen wir auch für die Produktentwicklung. Wenn wir neue Sorten für den Shop entwickeln, greift das Produkt-Team auch auf diese Werte zurück. Entscheidend sind aber auch allgemeine Food-Trends und ein gutes Bauchgefühl, was funktionieren könnte.

Was Euer Produkt angeht: Wie wollt Ihr es künftig noch stärker verbessern?
Wir haben erst seit relativ kurzer Zeit ein weiteres Element für die Customization etabliert, den so genannten 360°-Druck. Das heißt, unsere Kunden können nicht mehr nur Müsli mixen, sondern auch die Verpackung, die Müslidose, individualisieren. Das wird auch sehr gut angenommen.

GrowSmarter Müsli - der mymuesli Konfigorator macht´s möglich © mymuesli

Apropos Dosen. Die Markenexpertin Maren Martschenko Im Interview hat sie uns außerdem verraten, was der Espresso mit Marketing zu tun hat. Zum Artikel. hat uns erst kürzlich von der Marke Einhorn vorgeschwärmt. Die verkauft Kondome in einer ungewöhnlichen Packung, die viele Vorteile hat. Auch eure großen Dosen sind keine klassische Müsli-Verpackung. War das schon damals der Plan, im Regal und im Web aufzufallen?
Wir sind recht zufällig bei den runden Dosen gelandet. Aber Hubertus, mein Co-Founder und Marketing-Pro, hat von Anfang an erkannt, dass so eine runde Dose auch ein cooles und wichtiges Differenzierungsmerkmal ist. Und es gab einige gute Nebeneffekte: Zum Beipsiel war für uns vor allem praktisch, dass wir Dosen selbst und von Hand befüllen konnten in unserer ersten Manufaktur. Auch dass die Dose in Supermarktregalen besonders auffällt und in die wenigsten Küchenschränke passt Vorteil, weil das Müsli dadurch nicht im Küchenschrank versauert. ist gar nicht so schlecht. 

Weil es mich interessiert: Ihr habt euch 2007 gegründet. Wie lang wurden die Dosen noch per Hand gefüllt?
Seit 2011 läuft die Abfüllung maschinell. Das heißt seit 2011, Anfang 2012, haben wir eine speziell konstruierte Custom-Mix-Maschine.

Was mich genauso interessiert: Wie landet das, was der User auf eurem Shop konfiguriert, in der Dose?
Über einen individuellen Bar-Code. Durch ihn erkennt die Maschine, bei welcher der 80 Stationen die Dose mit welcher Menge an Zutaten gefüllt wird. Dieser Barcode verknüpft Konfiguration und Abfüllung.

Wir wollen erstmal auf jedem Verkaufs-Kanal die gleiche Servicequalität bieten.

Reden wir über euer Online Marketing. Welcher Kanal ist für euch der wichtigste beim Vertrieb?
Wir pflegen eine Multi-Channel-Strategie. Das heißt für uns: Wir wollen erstmal auf jedem Verkaufs-Kanal die gleiche Servicequalität, ein cooles Kundenerlebnis bieten, ob auf der Webseite, in den mymuesli-Läden oder im Supermarkt. Damit sind nicht von einem Kanal abhängig.

Gibt es denn zumindest einen Bereich, in den Ihr zuletzt besonders viel Entwicklungszeit reingesteckt habt?
Wir befassen uns seit einiger Zeit verstärkt mit dem Thema Marke und Branding. Also versteh mich richtig: Das war schon immer wichtig, aber explizite Brand- oder Marken-Kampagnen sind für Startups oft eine Herausforderung: Weil die Folgen der Tätigkeiten im Gegensatz zum Performance Marketing nicht immer klar messbar sind und man Angst hat, zu viel Geld auszugeben. Da muss man vieles neu lernen und bewerten. Was wiederum sehr spannend ist.

Hast Du ein konkretes Beispiel?
Wir haben kürzlich etwa in Berlin eine Pop-Up-Galerie eröffnet. Künstler hatten zuvor eigene mymuesli-Dosen für deutsche Städte gestaltet. Die haben wir dort ausgestellt. Das wäre für mich ein Beispiel für eine Aktion, die eben nicht im ersten Schritt auf sofortigen Return ausgerichtet ist, sondern eher zunächst der Marke dient.

Ihr seid aber ansonsten ja nicht nur über Galerien in die Innenstädte gegangen, sondern habt klassisch Läden eröffnet. Wieso?
Das war zunächst ein Zufall: Wir hatten 2009 die Chance, in Passau einen Laden zu bekommen und uns spontan entschieden, einen Müsli-Laden zu eröffnen. Da haben wir viel ausprobiert und gelernt und 2012 haben wir dann in München direkt am Viktualienmarkt und in Regensburg zwei Geschäfte eröffnet. Das war der Startschuss für die mymuesli-Stores. Die Leute können dort Müsli probieren, sich beraten lassen und viele Favoriten kaufen. Die Läden müssen profitabel sein, sind für uns aber auch Kundenservice als auch eine Verlängerung unseres Marketings. 

Der erste mymuesli Store in Passau. © mymuesli

Was habt ihr in all den Jahren am smartesten gemacht? Oder anders gefragt: Welche Idee hat euch besonders viel gebracht?
Ganz wichtig: Wir haben vor allem viel ausprobiert. Ich würde aber konkret zurück zum Anfang gehen und nochmal sagen: Dass wir in einer Nische gründeten. Wenn es keine große Konkurrenz gibt und man einen klaren USP hat, macht das fast alle Maßnahmen leichter. Vom Vertrieb bis zur PR. 

Wenn etwas funktioniert, sind Copycats nicht weit. Habt ihr Probleme mit Nachahmern?
Das soll jetzt nicht überheblich klingen oder arrogant: Wir schauen nicht so oft nach links und rechts, sondern nach vorne. Wir haben unseren eigenen Plan und unsere eigene Vision. Das hat uns immer am meisten gebracht.

Wir fanden alles super spannend und interessant und mussten das möglichst schnell selbst ausprobieren. 

Von guten Entscheidungen spricht jeder am liebsten. Wir reden auch gerne über schlechte. Weil man aus ihnen oft genauso viel lernen kann. Was habt ihr falsch gemacht?
Es gehört nunmal dazu, dass man Fehler macht, womöglich jeden Tag. Das ist nicht tragisch und kann einer Entwicklung sogar guttun. Rückblickend würde ich zwei Themen hervorheben: Eine zeitlang waren wir sehr opportunity-driven. Wir fanden alles super spannend und interessant und mussten das möglichst schnell selbst ausprobieren. Manchmal haben wir nicht lange genug nachgedacht, ehe wir etwas ausgetestet haben, auch wenn es nicht zu unserer Strategie gepasst hat. Das ist die Kehrseite vom "einfach mal Machen". Und dann natürlich ganz klassische unternehmerische Learnings. Als wir begannen, Geld zu verdienen, hätte man ja vielleicht etwas früher einen Entwickler anstellen können. Unser Co-Gründer Hubertus hat das lange Zeit alleine gemacht und deswegen wenig Zeit für andere Dinge. So etwas fällt einem leider erst spät auf. Hinterher ist man halt immer schlauer. 

Ich habe letztens einen Artikel in der Süddeutschen Zeitung gelesen, in dem es darum ging, dass Essen der neue Pop ist. Man nicht in Diskotheken geht, sondern in Markthallen. Essen ist Lifestyle. Wofür will mymuesli stehen?
Wir machen bewusste Ernährung einfach – und dabei schön, ästhetisch, auch cool hoffentlich, so dass immer mehr Menschen gut leben. Denn wir finden, dass eine gute und bewusste Ernährung eine super Investition fürs Leben ist. 

Zum Abschluss: Wer oder was inspiriert Dich? 
Eigentlich fast alles. Es gibt so viel starken Content da draußen, und manchmal ist es traurig, nicht alles konsumieren zu können. Mir jedenfalls ist Weiterbildung extrem wichtig. Egal ob ich Podcasts höre, Bücher und Artikel lese oder Bewegtbild sehe. Man kann eigentlich immer was dazulernen. 

In diesem Artikel
Hannes Hilbrecht

Hannes, Jahrgang 1993, gestaltet Content-Marketing-Projekte für die Digital-Agentur MANDARIN MEDIEN. Schrieb zuvor für Medien wie ZEIT ONLINE, den Berliner Tagesspiegel oder NDR.de. Ist nebenbei Fußballkolumnist. Erzählt jedem, den er trifft, dass er LeBron James interviewt hat. Für euch erreichbar unter: hannes.hilbrecht(ett)growsmarter.de

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