Mehr als ein Schreibtisch und Kaffee
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Mehr als ein Schreibtisch und Kaffee

Das Arbeiten in Working-Spaces ist hip - nicht mehr nur für Freelancer, sondern auch für große Unternehmen. Warum das so ist, erklärt WeWorks Community Director Elisabeth Rollin.

von Hannes Hilbrecht
Elisabeth Rollin, Community Director bei WeWork © WeWork

WeWork firmiert mit dem Slogan “Zukunft der Arbeitswelt”. Wie sieht denn die Zukunft Arbeitswelt aus?
Vor allem flexibel. Die klassische Nine-to-five-Woche wird immer seltener, stattdessen beobachten wir eine Work & Life-Integration – die heranwachsende Generation möchte in ihrem eigenen Rhythmus arbeiten und den Freiraum haben, Zeit und Ort selbst zu bestimmen. Auch die Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Job ist eine andere geworden. Sie ist intensiver, viele junge Menschen wollen sich im Beruf ausleben und suchen sich eine Aufgabe und ein Umfeld, mit dem sie sich identifizieren.

Und welche Rolle nimmt WeWork in dieser anderen Arbeitswelt ein?
Wir wollen ein Umfeld schaffen, das nicht nur zum produktiven Arbeiten, sondern vor allem auch zum Vernetzen, Austauschen und Entspannen einlädt. Dazu gehören verschiedene Raumdesigns, die unterschiedliche Stimmungen, die man an einem Arbeitstag durchläuft, ideal ansprechen.

Welche Stimmungen müssen da überhaupt bedient werden?
Ob kreativer Austausch in einer lebhaften Atmosphäre, konzentriertes Arbeiten im ruhigen Schreibtisch oder Brainstorming in einer Schaukel - in WeWork-Büros wollen wir alle Bedürfnisse eines Arbeitstages bedienen.

Zu WeWork gehören heute über 253.000 Mitglieder, die wir physisch und digital vernetzen.

Was ist der größte Vorteil von WeWork gegenüber einem normalen Office?
Das Herz von WeWork ist unsere globale Community. Zu WeWork gehören heute über 253.000 Mitglieder, die wir physisch und digital vernetzen. In den einzelnen Büro-Standorten ist jeder eingeladen, fast täglich Events zu besuchen oder selbst eines bei WeWork zu organisieren - dafür stellen wir kostenlos die Fläche, Kaffee, Wasser und Bier zur Verfügung.

Vernetzen ist ein gutes Stichwort. Kann man das proaktiv beeinflussen?
Wir versuchen es auf zwei Ebenen. Lokal helfen die Mitglieder unseres Community Teams bei Bedarf - sie kennen alle Mitglieder der Büros persönlich und können somit super bei der Vernetzung helfen. Global ist unsere App wichtig, eine Art LinkedIn für WeWork Mitglieder, mit der man bei Bedarf Projektpartner oder Gesellschaft für ein Feierabendbier in 74 Städten finden kann.

Feierabendbier klingt gut. Aber wie hilft diese Vernetzung Unternehmen und Freelancern im Alltag, gibt es konkrete Beispiele?
Wenn eine junge Firma für ein Projekt Unterstützung braucht, zum Beispiel von einem Entwickler oder Grafiker, sitzt dieser oder diese womöglich direkt nebenan im WeWork oder einfach auf einer anderen Etage im gleichen Gebäude. Durch Events oder die App lernt man sich kennen und kann sich direkt einen Eindruck von der Arbeit und vor allem auch von der Zusammenarbeit mit der Person machen. Jedes Mitglied kann somit sein eigenes professionelles Ökosystem um sich herum aufbauen.

Ist das nur eine Wunschvorstellung, eine Utopie, oder funktioniert das auch?
Es ist die Aufgabe unserer Community-Teams, dass das funktioniert. Unser Anspruch und Wunsch ist es, jedes Mitglied zu kennen und zu wissen, welche Interessen, Sorgen und Wünsche es hat. So können wir auch proaktiv Kontakte oder sogar Aufträge vermitteln. Wir wollen mehr sein als ein Ort, an dem Schreibtische und Kaffee stehen. Wir wollen vor allem einen echten inhaltlichen Mehrwert für unsere Mitglieder schaffen.

Hast Du einen Case, ein Fallbeispiel für einen erfolgreichen Push?
Vor kurzem hatten wir einen sehr emotionalen Fall. Der Geschäftsführer eines jungen Startups kam zu mir und sagte, er müsse schweren Herzens einige Entwickler entlassen. Gute Entwickler, es täte ihm leid, aber die Geschäfte liefen nicht so gut wie erwartet. Durch den engen Kontakt mit einem anderen Startup-Mitglied wussten wir, dass dieses seine Software-Sparte gerade vergrößerte und dringend gute Entwickler suchte. Sowas dann zu vermitteln, ist ganz im Sinne von WeWork.

Wir wollen Arbeit nicht nur flexibler machen, sondern, wie bereits erwähnt, auch neu vernetzen.

Wie bündelt Ihr diesen unüberschauberen Pool an unterschiedlichen Kunden, die mit ganz unterschiedlichen Projekten und Interessen in WeWorks arbeiten, so, dass niemand den Überblick verliert?
Da sind wir wieder bei unserer App. Jedes WeWork-Mitglied legt sich dort ein Profil an. Welche Sprache es spricht, was es macht, was es besonders gut kann. So kann es von potenziellen Auftraggebern gefunden werden oder selbst Unterstützung anfragen. Diese Suche funktioniert nicht nur lokal, sondern weltweit unter allen Mitgliedern. Wenn ein Berliner kurzfristig einen russischsprachigen Anwalt für Wirtschaftsrecht braucht, findet er ihn vielleicht nicht in seinem WeWork Büro am Potsdamer Platz, dafür aber in Hongkong oder New York. Wir wollen Arbeit nicht nur flexibler machen, sondern, wie bereits erwähnt, auch neu vernetzen.

Wie muss man sich das Verhältnis zwischen großen Companies und kleineren Firmen sowie Freelancern vorstellen? Trauen sich mittlerweile auch Konzerne über die WeWork-Schwelle?
Der Trend geht immer mehr da hin, ja. In unseren deutschen Büros erhöht sich der Anteil großer Firmen rasant und auch global sind Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern unser am schnellsten wachsendes Mitglieder-Segment. Von 2016 auf 2017 ist die Anzahl der WeWork Enterprise Mitglieder um 370% gewachsen. Das bestätigt uns. Wir wollen unsere deutschen Büroflächen noch in diesem Jahr um mehr als das Doppelte ausbauen – von acht Standorten in Deutschland werden wir in den nächsten sechs Monaten auf 15 wachsen.

Wie überzeugt ihr große Unternehmen von euren Coworking-Spaces?
Um ehrlich zu sein – so viel Überzeugungsarbeit ist gar nicht notwendig. Interessierte Unternehmensvertreter bekommen von unserem Community-Team Führungen in dem WeWork ihrer Wahl und erhalten einen sehr genauen Eindruck von der Energie und Atmosphäre in unseren Räumen. Interessanterweise ändert sich aber die Intention, aus der Großunternehmen zu uns kommen: Während es früher eher solche Firmen waren, die eine flexible, zentrale Büro-Lösung suchen, kommen heute vor allem Unternehmen wegen unserer Kultur zu uns. Die schönen Räume, das Wellness-Angebot und die besondere WeWork-Stimmung hilft tatsächlich vielen Mitgliedern, Talente für ihr Unternehmen anzuwerben.

Freiberufler oder Unternehmen: Für wen legt ihr euch mehr ins Zeug?
Wir machen da keine Unterschiede, sehen aber, dass unser Angebot vor allem Startups und Scale-Ups und immer mehr größere Unternehmen anspricht. 30% unserer Enterprise-Mitglieder nutzen WeWork an mehreren Standorten.

Talentierte Freelancer und kleinere Unternehmen mit ihren ganz individuellen Skill Sets sind ein großes Plus für WeWork.

Mit großen Firmen ließe sich mehr Geld verdienen.
Die Mischung ist uns wichtig – talentierte Freelancer und kleinere Unternehmen mit ihren ganz individuellen Skill Sets sind ein großes Plus für WeWork. Sie sorgen für genau die Arbeitsatmosphäre, die größere Unternehmen anspricht. Und größere Unternehmen sind oftmals gute Ratgeber für die kleineren.

Arbeitet WeWork eigentlich auch in regulären WeWork Büros?
Richtig, wir sitzen mittendrin. Für die meisten aus unserem Team fördert die Stimmung in unseren Common Areas die eigene produktive und kreative Arbeit. Man arbeitet konzentriert und genießt die Interaktion mit den Mitgliedern in den Pausen – immerhin kann man an der Kaffeemaschine oder unserer Bier-Zapfanlage mal eben super spannende Unternehmer aus der ganzen Welt kennenlernen. Ich persönlich habe, bevor ich zu WeWork kam, als Mitglied in einem Londoner WeWork mein Start-Up entwickelt und dabei die Vorteile dieses Arbeitsmodells verstanden und lieben gelernt.

Elisabeth, zum Abschluss: Gibt es einen Working-Hack, mit dem Du deine Arbeit erfolgreich gestaltest?
Ich habe dafür ein Sprichwort: I love to be proven wrong. Ich habe täglich sehr viele Ideen, um aber zu wissen, welche gut ist und welche nicht, muss ich aktiv über sie sprechen. Das tue ich mit Kollegen. Ich will herausgefordert werden, meine Ideen gegen gute Gegenargumente verteidigen. Diese Diskussionen sind manchmal sehr intensiv, aber geben auch sehr viel Input. Oft entstehen aus unseren Argumenten ganz neue und viel bessere Gedanken als ich sie zuvor hatte.

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In diesem Artikel
Hannes Hilbrecht

Hannes, Jahrgang 1993, gestaltet Content-Marketing-Projekte für die Digital-Agentur MANDARIN MEDIEN. Schrieb zuvor für Medien wie ZEIT ONLINE, den Berliner Tagesspiegel oder NDR.de. Ist nebenbei Fußballkolumnist. Erzählt jedem, den er trifft, dass er LeBron James interviewt hat. Für euch erreichbar unter: hannes.hilbrecht(ett)growsmarter.de

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