BlaBlaCar: Was macht ihr smarter als Flixbus?
Online Marketing

BlaBlaCar: Was macht ihr smarter als Flixbus?

Wie etabliert man ein neues Zahlungsmodell in einer großen Community? Diese und viele andere Fragen beantwortet Sarah Grötsch von BlaBlaCar.

von Hannes Hilbrecht
Symbolbild. © BlaBlaCar

BlaBlaCar hat das komplette Bezahlsystem umgestellt. Für Nutzer kehrt die geliebte Barzahlung zurück. Macht sich da nicht das Marketing von alleine?
Marketing und Produkt müssen Hand in Hand gehen: Befragungen haben ergeben, dass sich die Hälfte unserer Nutzer Barzahlung wünscht. Mit unserem neuen Modell sind wir diesem Wunsch nachgekommen. Nun liegt es am Marketing, diese Nachricht zu verbreiten.

Was war euer wichtigster KPI?
Visibilität, die Sichtbarkeit. Gerade nach so einer entscheidenden Produktänderung ist es wichtig, unsere momentanen und zukünftigen Mitglieder über die Änderungen zu informieren und das neue Produkt zu erklären. Damit sich die Änderungen etablieren, muss eine hohe Visibilität erzielt werden.

Was waren Probleme, die ihr lösen musstet?
Bei über 5.5 Millionen Mitgliedern haben wir eine sehr heterogene Community. Daher ist es ganz natürlich, dass sich die Präferenzen unserer Mitglieder unterscheiden: 50 % bevorzugen Cash, 50 % Onlinezahlung. Unser Ziel war es, das unterschiedliche Feedback zu einem Produkt zu vereinen. Außerdem wollen wir unseren Mitgliedern zuverlässigen Service und möglichst große Flexibilität gewähren - das ist uns mit der Einführung der Nutzungspakete gelungen.
 
Jetzt sind schon einige Wochen vergangen. Wie viel hat euch die Umstellung gebracht?
In erster Linie sollen unsere Mitglieder von der Umstellung profitieren - deshalb bieten wir die Nutzungspakete in der Startphase stark rabattiert an. So kann jeder die neuen Nutzungspakete ausprobieren. Wir freuen uns natürlich, dass wir bisher viel positives Feedback bekommen haben. Gerade die erleichterten Absprachen vor der Buchung werden von unseren Nutzern sehr geschätzt.

Sarah Grötsch arbeitet im Marketing von Blablacar und beantwortete die Fragen. © Blablacar

Wer ist eigentlich euer größter Konkurrent, UBER, Flixbus oder das klassische Taxi?
Unser größter Konkurrent ist jedes Auto, das mit freien Sitzen auf Langstrecken unterwegs ist. In Europa werden 78% aller Trips zwischen 100 und 800 Kilometer mit dem Auto gemacht. Die durchschnittliche Auto-Auslastung liegt bei nur 1,7 Personen - das bedeutet, dass im Bereich Carpooling noch viel Platz nach oben ist. Aber natürlich zählen auch Fernbusse zu unseren Konkurrenten.

Der USP von BlaBlaCar

Was macht BlaBlaCar smarter als Flixbus und Co?
Wir haben ein einzigartiges Angebot, so dass wir uns ganz automatisch von der Konkurrenz abheben. Auf der einen Seite stellen wir direkte Verbindungen zwischen zwei Städten her, die andere Anbieter so nicht abbilden können. Auf der anderen Seite ist es uns dank unserer wachsenden Community möglich, Reisenden einen Abfahrts- bzw. Ankunftsort vorzuschlagen, der sehr nah an ihrem eigentlichen Start- beziehungsweise Zielort liegt. So bewegen wir uns immer mehr in Richtung “Tür-zu-Tür”-Angebot, was weder für die Bahn noch für Fernbusse möglich ist.

Was ist der USP von BlaBlaCar?
Unsere Kombination aus schneller Verbindung und günstigem Preis bei einem gleichbleibend hohen Angebot. Ein weiterer USP: Trotz hoher Nachfrage - wie beispielsweise an Feiertagen - bleiben die Preise bei BlaBlaCar stabil.
 
Gibt es digitale Vorbilder, an denen sich BlaBlaCar im Marketing orientiert?
Prinzipiell nicht - als erstes europäisches Start-Up dieser Größe und mit einem Produkt, das so individuell ist, können wir uns nur mit wenigen Unternehmen vergleichen. Wir sind in 22 Ländern aktiv - je nach Markt unterscheidet sich auch unsere Marketingstrategie. Es ist aber spannend zu sehen, wie andere Tech-Unternehmen ihre Marken emotionalisieren und Marketing betreiben. Wir tauschen uns immer gerne mit anderen Unternehmen aus und pflegen Kontakte zu Start-Ups und Firmen, die vor ähnlichen Herausforderungen stehen.

Das Durchschnittsalter der Fahrer, die auf BlaBlaCar angemeldet sind, liegt bei über 30 Jahren.

BlaBlaCar ist ja ein Produkt, das - so denke ich - vor allem junge Menschen anspricht. Wie wichtig ist es, disruptiv zu arbeiten, eure Zielgruppe zu erweitern?
Das denken sicherlich erst einmal viele, tatsächlich sind unter unseren Mitgliedern aber alle Altersklassen vertreten. Das Durchschnittsalter der Fahrer, die auf BlaBlaCar angemeldet sind, liegt bei über 30 Jahren. Geld sparen und gleichzeitig etwas für die Umwelt tun spricht nicht nur junge Menschen an. Aber natürlich ist es uns wichtig, unsere Community zu vergrößern. Wir sprechen deshalb mit unseren Kampagnen alle Altersklassen an.
 
Wer bei euch eingeloggt ist, spürt ein paar Tricks. Wer eine Bewertung des Mitfahrers erhält, kann diese erst lesen, wenn er auch eine Bewertung abgibt. Wie viel bringen solche Maßnahmen?
Das ist kein Trick, sondern eine effiziente Methode, um faires Feedback zu gewährleisten. Unsere Community basiert auf Vertrauen. Daher legen wir großen Wert auf unverfälschte und ehrliche Bewertungen. Die Maßnahme bringt auf jeden Fall ehrliches Feedback und macht unsere Plattform zu der vertrauensvollen Community, die sie ist.

Was ginge euch eigentlich zu weit?
Im Marketing-Kontext achten wir selbstverständlich darauf, in welchem Umfeld unsere Werbung ausgespielt wird. Kategorisch ausgeschlossen sind gewaltverherrlichende sowie Ü-18-Seiten.

Interaktion hat einen hohen Stellenwert

Ihr habt 4.500.000 Millionen Facebook-Fans. Wie wichtig ist der Kanal für euch?
Die Interaktion mit unseren Mitgliedern hat für uns einen hohen Stellenwert. Daher ist Facebook für uns ein wichtiger Kanal, der den Austausch mit und innerhalb der Community fördert. Wir freuen uns stets über konstruktives Feedback auf unserer Facebook-Seite und nutzen sie oft, um uns bei unserer Community zu bedanken: Regelmäßig verlosen wir Tankgutscheine, Vignetten oder andere fahrt-unterstützende Utensilien.
 
Facebook hat, mit Verlaub, aktuell nicht den besten Ruf. In welchen anderen Kanälen seht ihr das meiste Potenzial?
Generell fokussieren wir uns nicht auf einen Kanal, sondern zielen auf eine umfassende 360-Grad-Erfahrung mit unterschiedlichen Touch-Points ab. Großes Potenzial sehen wir in langfristigen Partnerschaften. Außerdem testen wir gerne neuere Social Media Kanäle, in der Vergangenheit waren das Snapchat oder Instagram.

Generell sind Kampagnen, die die einzigartigen Erfahrungen unserer Community in den Fokus stellen, sehr erfolgreich.

Welche Kampagne hat BlaBlaCar besonders viel gebracht?
Generell sind Kampagnen, die die einzigartigen Erfahrungen unserer Community in den Fokus stellen, sehr erfolgreich. Beispielsweise haben wir letztes Jahr unsere Mitglieder gefragt, warum sie BlaBlaCar nutzen - verbunden mit dem klaren Aufruf, eine Fahrt direkt zu buchen. Der Rücklauf der Community war überwältigend, uns erreichten viele, teils berührende und sehr persönliche Geschichten. Diese Erkenntnisse helfen uns sehr bei weiteren Marketingkampagnen wie organischen Social Media Posts, Events oder Konferenzen und spiegeln die Einzigartigkeit des Mitfahrens wieder.

Was ist bei BlaBlaCar innovativ?
Ansonsten testen wir gerne neue und innovative Kanäle: so waren wir beispielsweise einer der ersten Nutzer von Instagram Werbung, Snapchat oder auch Spotify Ads. Die frühe Nutzung erlaubt nicht nur, unser innovatives Image zu erweitern, sondern auch Erfahrungswerte zu sammeln, während die Preise noch günstig und die Konkurrenz gering ist .
 
Im Online Marketing liest man überall von Growth Hacks. Was war eure smarteste Idee?
Als Tech-Unternehmen arbeiten wir ständig mit AI-Lösungen, die unser Marketing verbessern. Wir testen und optimieren regelmäßig unsere Landing Pages, senden automatisierte Mailings an Fahrer, die keine Mitfahrer hatten oder verbessern unsere Retargeting-Kampagnen basierend auf den technischen Erfahrungswerten. In regelmäßigen Abständen arbeiten wir während der sogenannten “Coding Nights” an innovativen, teamübergreifenden Lösungen. Unsere letzte sehr erfolgreiche Idee, war eine Karte, die alle  Fahrten anzeigt, die von einem Ort abgehen. Dadurch wird Mitfahrern ermöglicht, das ganzheitliche Angebot für ihre persönliche Strecke einzusehen.

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Wir leiten die besten Fragen an Sarah Grötsch weiter. Die Antworten veröffentlichen wir anschließend hier unter dem Ursprungsartikel.

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In diesem Artikel
Hannes Hilbrecht

Hannes, Jahrgang 1993, gestaltet Content-Marketing-Projekte für die Digital-Agentur MANDARIN MEDIEN. Schrieb zuvor für Medien wie ZEIT ONLINE, den Berliner Tagesspiegel oder NDR.de. Ist nebenbei Fußballkolumnist. Erzählt jedem, den er trifft, dass er LeBron James interviewt hat. Für euch erreichbar unter: hannes.hilbrecht(ett)growsmarter.de

1 Kommentare
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Nicola Grote
04.12.2021
Lieber Hannes,
richtig cooler Artikel! ich schreibe gerade eine Hausarbeit und würde gerne die ein oder andere Info aus diesem Text analysieren / zitieren.
Leider finde ich kein Veröffentlichungsdatum - könntest du mir das mitteilen?
Danke dir
Nicola

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