Dominos: 43 Prozent Wachstum dank Turnaround
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Dominos: 43 Prozent Wachstum dank Turnaround

Die Pizza-Kette Dominos ist seit Jahren eine ertragsreiche Erfolgsgeschichte. Doch dass es dazu kam, grenzt an ein Wunder. Eine Kampagne brachte die Wende.

von Hannes Hilbrecht
Dominos machte nach dem Turnaround große Sprünge. © Dominos

Schlechte Kundenrezensionen sind schmerzhaft. Sie tun auch finanziell weh. Eine schlechte Rezension hat in etwa den gleichen Einfluss wie 32 positive. Nur eben in die andere, in die verkehrte Richtung. Sagt man nicht nur. Ist auch so. Wenn es dann auch noch einen Shitstorm gibt, und dieser konkret auf Produkt-Mängel hinweist – dann kann sich ein Unternehmen eigentlich sofort begraben.

Der US-amerikanische Pizza-Service Dominos war in dieser Situation. Im Jahr 2008 erlebte das Food-Unternehmen das Öffentlichkeits-Armageddon. Zwei Angestellte hatten bei YouTube ein Video hochgeladen, das zeigte, wie sich zwei Mitarbeiter mit den Pizza-Lebensmitteln sogenannte "Pranks" spielten. Ein Skandal, und ein ekliger noch dazu. Und Bruce Willis im orangenen Overall war weit und breit nicht zu sehen.

Bullshit-Bingo auf Twitter

Doch das war noch nicht das ganze Unheil für Dominos. Nach dem "Horror-Video" entbrannte bei Twitter ein wirres Bingo mit horrenden Produkt-Vergleichen. "Eine Soße wie verdünnter Ketchup", schrieb ein User. Eine andere Nutzerin stellte fest: "Jeder Karton ist knuspriger als eure Pizza-Kruste." Ein ehemaliger Dominos-Fan ergänzte: "Jede Mikrowellen-Pizza hat mehr Stil als euer Produkt." "Das mit dem Karton hat sehr wehgetan", sagte Patrick Doyle, der Präsident der Firma. Der Gewinn pro Aktie, in den USA eines der wichtigsten Parameter für ein börsennotiertes Unternehmen, war zu dieser Zeit auf 4 Dollar gesunken. Ein Tiefstwert.

Vom Kultunternehmen zum Pizza-Schreck

Man muss wissen: Dominos war einmal ein Kult-Unternehmen. Durch gute Qualität, günstige Preise und einer schnellen Lieferung war das Franchise-Unternehmen in den 80er-Jahren für junge Studenten, Arbeiter und Familien zu einer Institution herangewachsen. Pizza gab es nicht vom Italiener, sondern vom Lieferdienst mit den Spielsteinen auf der Schachtel. Doch diese Basis schien das Unternehmen verloren zu haben. Sie war nicht mehr der Pizza-Darling, sondern nur noch die alte Tante, die man früher deutlich mehr gemocht hatte.

Selbsteinsicht ist der erste Weg zur Besserung

Wo andere Unternehmen diese Krisen durch PR-Arbeit und Kampagnen überstehen wollen, wagte Dominos den Turnaround. Die Geschäftsführung gab den Kunden recht und ordnete neue Rezepturen für die Pizzas an. 18 Monate und viele Millionen Dollar steckte das Unternehmen in seine Produkt-Entwicklung. Teams experimentierten mit Soßen-Rezepten, verschiedenen Käse-Kreationen und neue Wurst- und Fleischsorten. Der Pizza-Rand wurde zur Chefsache und einem kompletten Re-Fit unterzogen.

Während diese Prozesse noch im Geheimen abliefen, plante Dominos eine landesweite Kampagne. Die Message sollte möglichst offen sein: Das Motto: Ja, wir haben schlechte Pizza gemacht. Und deshalb haben wir alles auf den Kopf gestellt. Gebt uns eine zweite Chance.

Ein Lehrstück in Sachen Kommunikation

Die Firma gab als Startschuss des Projektes ein Werbe-Video in Auftrag. Der vierminütige Clip beginnt mit den harten Kritiken gegen das Unternehmen. Der Chef streitet die Mängel an den Pizzen nicht ab oder besänftigt, er gibt sie einfach zu. Als Reaktion auf das Kunden-Feedback nimmt er das Publikum mit hinter die Kulissen. Dort erklären Köche und Marketing-Mitarbeiter die interne Pizza-Revolution.

Am Ende des Spots bringen die Produkt-Entwickler von Dominos die neu entwickelte Pizza zu den Twitter-Nutzern, die zuvor die härteste Kritik geäußert hatten. Mit einer Pizza-Kruste, die nicht mehr an Kartonpappe erinnerte, sondern mit Knoblauch-Öl verfeinert wurde. Mit einer richtigen Soße, etwas süßer, tomatiger und mit echtem Oregano, sowie einhundertprozentigen Mozzarella-Käse.

Das Ergebnis:

Die Kampagne ging sofort viral. In einem Land, in dem die Konzerne lieber klagen als Kritik hinzunehmen, wagte Domino den unbekannten Weg: Fehler öffentlich und medienwirksam einzugestehen. Das Unternehmen investierte eineinhalb Jahre in die Produkt-Entwicklung, dann 75 Millionen Dollar in die Kampagne, die der Firmen-Chef Patrick Doyle so beschrieb:

Hey guys, we’ve been screwing up for a while now. We made bad pizza, but now we make good pizza. Please buy it!

(Übersetzung: "Hey Leute, wir haben es eine ganze Weile versemmelt. Wir machten schlechte Pizza, aber jetzt machen wir gute Pizza. Bitte kauft sie.")

Da das Produkt tatsächlich schmeckte, steigerte der Turnaround die Beliebtheit von Dominos rasant. Lob gab es sogar von der britischen Backbuch-Autorin Ruby Tandoh. "Ich bin keine Dominos-Kennerin. Aber immer, wenn ich diese Pizza gegessen habe, hat sie geschmeckt. Sie ist die Emoji-Pizza."

Emoji-Pizza?

Richtig. Das einst kriselnde Unternehmen erneuerte nicht nur das Rezept, sondern auch seinen digitalen Auftritt. Nach dem Pizzatracker, der im Style einer geschnittenen Pizza angibt, in welchem Bestell-Schritt sich die Pizza gerade befindet, entwickelte das Unternehmen die SMS-Bestellung per Emoticon. Wer registrierter Kunde ist, muss zur Bestellung nur einen Pizza-Smiley an Dominos schicken, um seine Lieblingspizza zur hinterlegten Adresse zu ordern. Nach Angaben des Unternehmens steigerte das die Online-Sales beträchtlich.

Noch eine witzige Zahl: Der Sänger Drake bestellte nach einem Konzert in London für mehrere tausend Dollar so viele Pizzen, dass Dominos mit drei Autos ausliefern musste.

Den größten Schulterklopfer bekam das Unternehmen jedoch vom sehr beliebten Online-US-Magazin "TheRinger". Das titelte: "Wie Dominos die Pizza der Menschen wurde."

Die Erfolge:

  • 12 Prozent mehr Kundenzufriedenheit (von 69 auf 81 Prozent)
  • Im Kampagnen-Jahr verdoppelter Profit im vierten Quartal (im Vergleich zum Vorjahr)
  • Wachstum auf dem internationalen Markt um 43 Prozent

Quelle study.com

Das war GrowSmart:

Kundenkritik nicht nur wahr- und hin-, sondern auch annehmen. Nachdem die Kritik der Kunden für ein stark verbessertes Produkt sorgte, gilt Dominos in den USA als kundenfreundliches Unternehmen, das hin- und nicht weghört. Durch neue Gadgets wie die Smiley-Bestellung und des innovativen Pizzatrackers wurde der Hype um die neue Rezeptur noch weiter gesteigert - und zu Geld gemacht.

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Hannes Hilbrecht

Hannes, Jahrgang 1993, gestaltet Content-Marketing-Projekte für die Digital-Agentur MANDARIN MEDIEN. Schrieb zuvor für Medien wie ZEIT ONLINE, den Berliner Tagesspiegel oder NDR.de. Ist nebenbei Fußballkolumnist. Erzählt jedem, den er trifft, dass er LeBron James interviewt hat. Für euch erreichbar unter: hannes.hilbrecht(ett)growsmarter.de

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