Druckbetankung mit Wissen ist keine Alternative
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Druckbetankung mit Wissen ist keine Alternative

Linda Pavlic und Martin Kütter verantworten bei Babbel wichtige Personalfragen. Wir haben mit den Personal-Experten über Recruiting und Weiterbildung gesprochen.

von Hannes Hilbrecht
Martin Kütter (COO) und Linda Pavlic (Head of HR) sind bei Babbel für das Personal verantwortlich. ©Babbel

Linda, Martin: Welche Sprache muss ein Bewerber bei Babbel sprechen?
Linda Pavlic: Bei uns ist Englisch die Arbeitssprache, denn unsere Teammitglieder kommen aus über 50 Nationen. Diversität ist uns sehr wichtig. Sie ist einer der Kernwerte und eine große Stärke von Babbel. Wir wollen in unseren Teams unterschiedliche Menschen zusammenbringen, egal, ob sie introvertiert oder extrovertiert sind, welches Geschlecht, welche Nationalität, welches Alter oder Aussehen sie haben.

Martin Kütter: Die Kandidaten müssen einfach zu uns passen. Wir helfen Menschen dabei, Sprachen zu lernen – Babbel ist nach außen wie nach innen eine Lernfirma. Natürlich schadet es daher nicht, wenn jemand Interesse an Sprachen hat und generell offen ist, Neues zu lernen.

Wie prüft ihr die Stärken der Mitarbeiter?
Linda Pavlic: Wir setzen uns sehr intensiv mit potenziellen Kandidaten zusammen. Das persönliche Gespräch ist dabei der erste wichtige Schritt. Danach folgt idealerweise ein zweiter Termin, bei dem, zum Beispiel, eine praktische Aufgabe bestmöglich bearbeitet werden soll. Diese wird anschließend gemeinsam evaluiert und die Bewerber erhalten direktes Feedback. Wichtig ist, dass sie zu unserer Babbel-Kultur passen und unsere Werte teilen. Außerdem interessiert es uns natürlich, warum die Bewerber für Babbel arbeiten möchten, was sie von dem Job erwarten und was sie erreichen wollen.

Was muss ein Charakter haben, damit er Interesse weckt?
Linda Pavlic: Menschen müssen sich entwickeln können und wollen. Babbel ist eine Firma, die etwas wagt, die vorangeht. Das war sie schon immer, wir waren auf “unserem” Gebiet des Online-Sprachenlernens schließlich die ersten. Wir wollten von Anfang an neue Maßstäbe setzen. Und diese Ambition suchen wir auch bei unseren Mitarbeitern. Wir setzen dabei auf Diversität, bei uns haben Millenials ebenso ihren Platz wie Leute über 50.

Arbeitet ihr im Recruiting mit Agenturen zusammen?
Linda Pavlic: Wir haben unsere eigene Recruiting-Abteilung. Die bearbeitet nicht nur (Initiativ-)Bewerbungen, sondern geht auch aktiv auf die Suche nach spannenden Kandidatinnen und Kandidaten.

Martin Kütter: Früher haben wir mit Agenturen zusammengearbeitet. Mittlerweile machen wir das in diesem Bereich nicht mehr. Professionelle Headhunter müssen uns erstmal kennenlernen und herausfinden, wie wir ticken. Das ist aufwendig und gelingt nicht immer. Wir dagegen sind ein Teil von Babbel und wissen daher, was das Unternehmen braucht. So können wir viel zielgerichteter suchen als externe Dienstleister und „hunten“ selbst.

Auf welchen Kanälen sucht ihr nach Personal?
Linda Pavlic: Zum Beispiel bei Xing und LinkedIn, auf Jobbörsen und Facebook. Wir veranstalten aber auch Meetups und suchen dort durch den direkten Kontakt und kurze Gespräche. Auch auf Konferenzen und in diversen Communities, etwa der LGBT Community, sind wir aktiv.

Martin Kütter: Außerdem setzen wir sehr stark auf Referrals, die internen Empfehlungen von Mitarbeitern.

Referrals sollen besonders effektiv sein und zu überdurchschnittlich vielen Qualitätseinstellungen führen, liest man überall im Netz.
Martin Kütter: Das können wir genauso bestätigen.

Woran liegt das?
Martin Kütter: Weil unsere Mitarbeiter den Kandidaten natürlich sehr genau von uns erzählen und sie wiederum gut abschätzen können, ob die Bekannte, der Freund oder der ehemalige Arbeitskollege und Babbel zusammenpassen.

Google entwickelte ein Bonusprogramm für Referrals, zahlte bis zu 4000 Dollar. Wie macht es Babbel?
Martin Kütter: Ganz ähnlich. Wir zahlen bis zu einem Monatsgehalt als Prämie für eine erfolgreiche Vermittlung.

Wie hoch ist eigentlich die Einstellungs-Quote bei Babbel?
Linda Pavlic: Da gibt es keine klare Zahl. Es gibt Ausschreibungen, da bewerben sich 150 Personen auf einen einzigen Job. Und andersherum entstehen bei uns Stellen, die so hohe oder spezifische Wissensanforderungen stellen, dass es weltweit vielleicht nur 200 passende Kandidatinnen und Kandidaten gibt. Und die muss man dann erstmal finden. Außerdem kommunizieren wir sehr offen, dass wir uns, falls es beim ersten Mal nicht klappt, auch über eine zweite oder dritte Bewerbung freuen.

Wieso?
Linda Pavlic: Aus den verschiedensten Gründen passt es zum ersten Zeitpunkt manchmal nicht ganz. Aber sechs Monate später kann die Lage schon wieder eine andere sein. Menschen entwickeln sich, sie lernen, bilden sich weiter, nutzen Tools, um weitere Fertigkeiten zu entwickeln. Manche waren beim ersten Interview vielleicht auch einfach zu nervös und beim zweiten Mal klappt es viel besser. Das imponiert uns natürlich. Das ist der Lern- und Entwicklungsgeist, den wir als Unternehmen vorleben und unterstützen wollen.

War eine zweite oder dritte Bewerbung jemals erfolgreich?
Martin Kütter: Natürlich, und nicht nur das. Manchmal ist auch ein besserer Job daraus entstanden. Ein Unternehmen verändert sich und damit auch die verfügbaren Stellen. Ein Kandidat kann plötzlich sehr viel besser zu uns und unseren Aufgaben passen als bei der ersten Bewerbung.

Babbel ist innerhalb weniger Jahre von 10 Mitarbeitern auf über 600 Angestellte gewachsen. Was sind die Herausforderungen?
Martin Kütter: Eine Entwicklung besteht immer aus Aufs und Abs. Man muss verstehen, dass es im Wachstum keine geraden Linien gibt. Was bei uns wichtig war: Wir haben uns immer auf das Wesentliche konzentriert, ein Ziel verfolgt, nicht dutzende neue Baustellen geschaffen. So konnten wir kontrolliert wachsen.

Was hat Babbel besonders smart gelöst?
Linda Pavlic: Wir sind sehr authentisch und transparent. Wir wollen, dass die Bewerber genau wissen, wer wir sind und was sie bei Babbel erwartet.

Martin Kütter: Eine offene Kommunikation ist sehr wichtig und eine unserer Stärken. Wir geben immer direktes und konstruktives Feedback. Diese Ehrlichkeit gefällt vielen Bewerbern.

Glaubt man fiesen Klischees, sind Skandinavier besonders diszipliniert und der Spanier neigt gerne mal zur Siesta. Stimmt natürlich nicht. Aber gibt es für Babbel Gebiete, in denen besonders gerne nach Nachwuchs gesucht wird?
Linda Pavlic: Die Nationalität oder Herkunft spielen keine Rolle. Und Unterschiede gibt es bei den Bewerbern dahingehend auch nicht. Das Einzige, was fast alle, die für Babbel arbeiten und arbeiten wollen gemeinsam haben, sind ambitionierte Ziele und ein Interesse für Sprachen und Kulturen.

Martin Kütter: Wobei man sagen muss: Wir bekommen besonders aus den Ländern Bewerbungen, in denen wir auch bekannt sind. Dort wo man Babbel häufiger nutzt, ist auch mehr Recruiting-Potenzial vorhanden. Aus Asien beispielsweise, wo wir derzeit noch nicht so bekannt sind, gibt es weniger Bewerbungen als etwa aus Europa oder Nord- und Südamerika.

Momentan hat Babbel über 600 Angestellte. Das Bauchgefühl sagt: Es werden bald mehr sein.
Martin Kütter: Das ist sogar sehr richtig. Allein  2018 haben wir bisher über 100  zusätzliche Stellen geschaffen. Wir verbreitern unser Geschäft, zum Beispiel im B2B-Bereich und wachsen auch in der Technik kontinuierlich. Ein Ziel ist die elementare Weiterentwicklung des Online-Sprachenlernens. Dafür suchen wir Entwicklerinnen und Entwickler, Designerinnen und Designer, Marketingspezialistinnen und -spezialisten und andere kreative Köpfe.

Ist eine besondere Kampagne geplant?
Martin Kütter: Wir wollen verstärkt auf sogenannte Speed-Ups setzen. Das bedeutet: Zeitlich stark verdichtet und konzentriert nach neuen Mitarbeitern suchen. Das ist ein bisschen wie beim Speed-Dating – nur beruflicher Art.

Martin, kennst Du eigentlich jeden Mitarbeiter?
Martin Kütter: Es ist mein Anliegen, von jedem Teammitglied zumindest den Namen und die Aufgabe bei Babbel zu kennen. Und ich möchte für meine Kolleginnen und Kollegen jederzeit persönlich ansprechbar sein. Leider ist es unmöglich, bei über 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern jeden richtig gut zu kennen. Also Kennen im Sinne von: Ich weiß, was das für ein Mensch ist und welche Interessen er oder sie hat. Aber ich erkenne alle.

Wie sorgt Babbel dafür, dass das so bleibt?
Martin Kütter: Zunächst einmal findet regelmäßig ein sogenannter Welcome Day statt, an dem alle frisch gestarteten Neu-Babbelonier teilnehmen. An diesem Tag stellen sich die einzelnen Departments vor, es gibt eine Art Schnitzeljagd durchs Büro, ein gemeinsames Mittagessen und Drinks am Abend. Zusätzlich gibt es für alle Neulinge auch ein Kennenlernen mit Gründern und Management.  Wir freuen uns auf jedes neue Teammitglied und wollen, dass diese das auch so wahrnehmen und sich von Anfang an als Teil der Firma fühlen. Ein Teil, der maßgebliche Entscheidungen treffen kann und auf den wir gewartet haben.

Linda Pavlic: Zusätzlich dazu gibt es tägliche Meetings zwischen den Departments und regelmäßige Standups für die ganze Firma: Dort werden alle Mitarbeiter über Projekte und Erfolge auf dem Laufenden gehalten. Nicht zu vergessen die diversen internen Veranstaltungen, Vorträge, Kochgruppen und vieles mehr.

Babbel-Mitarbeiter im Berliner Büro. ©Babbel

Unter dem Stichwort New Work versteht man auch: Viele Arbeitnehmer, die nicht in Büros, sondern remote arbeiten. Wie viele Angestellten sind regelmäßig in den Büros?
Martin Kütter: Auf diese Frage habe ich erfreulicherweise keine Antwort, denn bei Babbel kann sich jedes Teammitglied die Arbeit selbst einteilen. Schon vor einiger Zeit haben wir feste Kernarbeitszeiten abgeschafft. Jedes Team bestimmt selber, wie es arbeiten möchte und die Basis dafür ist natürlich Vertrauen. Für uns gilt: Persönlicher Austausch und Diskussionen sind elementar für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Dazu kommt, dass rund 20 % der Babbel-Mitarbeiter in verschiedenen Teilzeitmodellen arbeiten.

Vor kurzem hat Babbel den HR-Excellence-Award für die Babbel-Academy gewonnen. Ist dieses interne Bildungsprogramm eine Reaktion darauf, dass der perfekte Babbel-Mitarbeiter auf dem Markt nicht zu finden ist?
Martin Kütter: Ganz im Gegenteil. Gerade ihre Unterschiedlichkeit macht unsere Mitarbeiter perfekt. Uns geht es darum, dass wir allen Teammitgliedern die Möglichkeit geben wollten, unkompliziert und individuell an Trainings teilzunehmen, sich also selbst aussuchen zu können, welche Art von Seminar sie interessiert und weiterbringt.

Linda Pavlic: Wir merken schon im Recruitingprozess, wie wichtig Weiterbildungsprogramme sind. Die Babbel Academy ist für viele ein zusätzliches Argument, um für Babbel arbeiten zu wollen.

Academy klingt aufwendig. Was steckt dahinter?
Martin Kütter: Interne Trainer bieten derzeit über 100 Seminare zu rund 50 verschiedenen Themen an. Durch die klare Analyse der Feedbacks können wir die Lernprogramme immer wieder optimieren und anpassen. Viele Teammitglieder machen auch  Themenvorschläge oder leiten sogar selbst Seminare. Anhand der durchweg positiven Resonanz und Teilnahmequoten von weit über 90 Prozent ist die Babbel Academy auch messbar ein Erfolg. Fast noch spannender: Zahlreiche Unternehmen kommen wegen der Academy auf uns zu. Sie wollen sich das Konzept „ausborgen“ oder bei uns mitmachen. Das ist auch eine Form von Anerkennung. Außerdem ist die Babbel-Academy sehr effizient – denn dadurch, dass wir alles intern lösen, bleiben die Kosten gering.

Die Babbel-Academy gibt es jetzt weit über ein Jahr. Wie lange brauchte sie, um zu entstehen?
Martin Kütter: Vor ca. zweieinhalb Jahren hatten wir die Idee dazu und haben uns dann erstmal bestehende Optionen angeschaut und diese speziell für uns weiterentwickelt. Dann folgten sechs Monate einer schwierigen Suche nach Trainern und sechs Monate intensive Vorbereitung.

Warum war die Suche schwierig?
Martin Kütter: Weil es gar nicht so einfach war, die richtigen Trainer zu finden. Wir haben auf der Suche nach den idealen Angeboten sehr viele Gespräche geführt. Denn wir wollten nicht nur gute Coaches finden, sondern diese dann natürlich auch am effektivsten und flexibelsten einsetzen.

Was unterscheidet die Babbel-Academy von anderen Weiterbildungs-Konzepten?
Martin Kütter: Bei uns dauern Seminare im Schnitt um die drei Stunden und können je nach Bedarf individuell von jedem Teammitglied gebucht werden. Viele Firmen setzen auf Sprints, machen ein, zwei Tage Fortbildung am Stück. Diese Druckbetankung mit Wissen ist für uns keine Alternative.

In diesem Artikel
Hannes Hilbrecht

Hannes, Jahrgang 1993, gestaltet Content-Marketing-Projekte für die Digital-Agentur MANDARIN MEDIEN. Schrieb zuvor für Medien wie ZEIT ONLINE, den Berliner Tagesspiegel oder NDR.de. Ist nebenbei Fußballkolumnist. Erzählt jedem, den er trifft, dass er LeBron James interviewt hat. Für euch erreichbar unter: hannes.hilbrecht(ett)growsmarter.de

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