Unsere Konkurrenz heißt Netflix
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Unsere Konkurrenz heißt Netflix

Stefan Peukert und Daniel Schütt sind Pioniere der digitalen Weiterbildung. Mit ihrer E-Learning-Plattform Masterplan wollen sie Weiterbildung neu definieren und mit Netflix konkurrieren.

von Hannes Hilbrecht
Daniel Schütt und Stefan Peukert wollen von Bochum aus die Welt erobern. © Masterplan

Bevor wir konkret über Euer Projekt sprechen. Was hat Euch persönlich zu Masterplan inspiriert?
Stefan: Wir haben sowohl die Start-up-Seite als auch die Konzernseite kennengelernt. Dabei ist uns aufgefallen, dass auf Konzernseite zwar sehr viel Potenzial für Digitalisierung besteht, dieses aber oft nicht optimal genutzt wird. Da richtet man dann einen Accelerator oder Innovationsprogramme ein, oder holt sich externe Berater rein. Aber die wichtigste Ressource, nämlich die eigenen Mitarbeiter, werden oft vergessen. Wir wollen dafür sorgen, dass diese internen Ressourcen voll genutzt werden können. Grundvoraussetzung dafür ist es, dass Mitarbeiter sich in der digitalen Welt zurecht finden.

Daniel: Wir haben das Thema Digitalisierung mit unserem ersten Start-up ja am eigenen Leib erfahren – wir haben viel mit externen Beratern versucht, digitales Knowhow in die Firma zu holen und unsere Produkte erfolgreich zu machen. Aber eigentlich hat der Erfolg erst so richtig eingesetzt, als wir selbst in die Thematiken eingestiegen sind und unsere Mitarbeiter in digitalen Fragen fit gemacht haben. Ein Beispiel: Die Redakteure haben wir in SEO geschult, damit sie wussten, wie Google überhaupt funktioniert und wie man das bei Texten berücksichtigt. Aus dieser eigenen Erfahrung ist die Idee zu Masterplan entstanden.  

Gerade die ersten Mitarbeiter sind ungemein prägend für das Unternehmen.

In den Nachrichten war zu lesen, dass ihr beiden erst vor Kurzem eine hohe Investoren-Summe eingesammelt habt. Ein großer Erfolg. Was war der schwierigste Step bis dahin?
Stefan: Für uns ist die Investitionssumme an sich noch kein großer Erfolg, sondern notwendige Bedingung, um dahin zu kommen, wo wir hinwollen. Die größte Hürde war bis dato, unserem eigenen Anspruch gerecht zu werden und wirklich neue und gute Formate zu entwickeln – also sehr guten Content zu erschaffen.

Daniel: Und ein sehr gutes Team zusammenzustellen als Fundament für die weitere Entwicklung. In jedem Bereich einen echten Experten zu finden – sei es im HR-Bereich, im Film, in der Redaktion, der IT oder im Design. Denn das sind ja die Leute, die uns wiederum beim Wachsen helfen und neue Leute in die Organisation holen. Gerade die ersten Mitarbeiter sind ungemein prägend für das Unternehmen.

Auf der Website steht, dass ihr das Netflix für digitale Weiterbildung sein wollt. Soll die Vermittlung von Learnings genauso unterhaltend sein wie Serien und Blockbuster, oder geht es vielmehr um den Ansatz eines On-Demand-Produkts?
Stefan: Letzteres: nein. Die Vermittlung von Learnings soll nicht nur, sondern muss sogar unterhaltsam sein. Wenn die Leute abends auf der Couch sitzen und überlegen, schaue ich jetzt eine Episode bei Netflix oder ein Video bei Masterplan – dann soll beides gleich unterhaltsam sein, während man aber bei Masterplan noch etwas lernt. Wir konkurrieren nicht mit anderen Learning-Portalen, wir konkurrieren um Aufmerksamkeit. Und zwar mit Netflix oder Facebook. Wenn wir es schaffen, ein vergleichbares Level an Unterhaltung zu schaffen, sind wir an dem Ziel, auf das wir hinarbeiten.

Gute Weiterbildung löst konkrete Probleme im Arbeitsalltag.

Daniel: Es ist nicht das ausschließliche Kriterium, dass wir auf “Teufel komm raus” unterhaltsam sein wollen. Genauso wichtig ist es, dass die Kurse eine sehr hohe Berufsrelevanz haben. Die Leute sollen sich nicht nur unterhalten fühlen, sondern auch konkret wissen, was ihnen dieser Kurs oder dieses Video für ihren beruflichen Alltag oder ihr Berufsleben bringt, und wie sie das Gelernte anwenden können. Wenn wir beide Sachen zusammenbringen – Berufsrelevanz und Unterhaltungsfaktor – dann haben wir die Chance, den Bereich E-Learning noch einmal neu zu prägen. Viele wünschen sich neue, coole Angebote. Die wollen wir bieten.

Was muss eine starke Weiterbildung-Session haben?
Daniel: Eine starke Weiterbildungs-Session bringt Dich beruflich weiter, sie macht Dich zu einem besseren Mitarbeiter und bringt Dir Sachen bei, die Du dann im Beruf anwenden kannst. Sie löst konkrete Probleme im Arbeitsalltag.

Stefan: Man muss bei jeder Session erkennen können, was diese einem selbst konkret nützt.  

Gibt es ein Rezept für smartes E-Learning?
Stefan: Es gibt kein Geheimrezept. Im Vergleich zu anderen macht es uns aus, dass wir sehr datengetrieben arbeiten. Wir verlassen uns nicht nur auf unser Gefühl, sondern überprüfen, was funktioniert und was nicht.

Daniel: Das führt dazu, dass wir viel testen. Wir haben im Grundkurs zum Beispiel viele Talking Heads, Experten, die in kurzen Interviews befragt werden die wir abfilmen, während sie auf einem Stuhl sitzen und erzählen. Gerade probieren wir sehr viele neue Formate aus und schauen, wie die ankommen: Alles wird von den Usern bewertet, und wir führen Interviews mit den Mitarbeitern der teilnehmenden Unternehmen. So schauen wir, wie man Lerninhalte am besten rüberbringen kann und welche Formate sich für welche Art der Weiterbildung eignen.

Was mich an Webinaren nervt, ist der Werbegedanke, der sowohl hinter kostenfreien als auch teuren Angeboten lauert. Ich bezahle, überspitzt formuliert, vor allem für die Bewerbung von weiterführenden Leistungen. Schließt ihr solche Modelle für eure Plattform aus?
Daniel: Bei uns steht immer der konkrete Mehrwert für den User im Vordergrund. Wenn sich herauskristallisiert, dass so ein Modell Sinn macht, um den Inhalt gut rüberzubringen, würden wir das sicherlich auch in Erwägung ziehen. Zum Beispiel bieten wir bald eine Onboarding-Veranstaltung als Webinar an: Einmal die Woche können sich neue Lernende auf Masterplan zu einer bestimmten Uhrzeit einwählen und haben die Möglichkeit, so die Plattform kennenzulernen und Fragen zu stellen.

Stefan: Bei uns gibt es keine versteckten Preise. Wir operieren mit einer Flatrate.Das teilnehmende Unternehmen bezahlt einen festen Betrag im Jahr, der ist transparent, und es kommt kein einziger Cent an Zusatzkosten dazu. Dafür haben die Mitarbeiter ein Jahr lang  vollen Zugang.

Wissen über Digitalisierung, digitale Prozesse und Plattformen ist in kleinen und mittelständischen Unternehmen genauso wichtig wie in großen Konzernen.

Wer ist eigentlich Eure Zielgruppe?
Stefan: Masterplans Zielgruppe sind alle Arbeitnehmer, alle Organisationen. Erst in Deutschland, später weltweit. Wir schließen keinen aus, weil Wissen über Digitalisierung, digitale Prozesse und Plattformen in kleinen und mittelständischen Unternehmen genau so wichtig wie in großen Konzernen ist.

Daniel: Die Digitalisierung ist in allen Lebensbereichen angekommen, deshalb sollte sich jeder damit auskennen und auseinandersetzen.

Auch wenn wir hier vor allem über Weiterbildung reden: Ihr habt ein Produkt, das ihr verkaufen wollt. Über welche Kanäle wollt ihr beiden die Zielgruppe erreichen und von Euch überzeugen?
Daniel: Das wollen wir gerade herausfinden und probieren viel aus. Wir machen viel Vertrieb, haben viele Online-Kanäle, probieren aber auch Veranstaltungen oder Printwerbung aus. Wir wollen über alle möglichen Kanäle möglichst viel lernen und die Zielgruppe bestmöglich erreichen. Was der optimale Weg für uns ist, haben wir noch nicht herausgefunden.

Wir geben den Menschen die Tools an die Hand, mit denen sie morgen anfangen können, etwas zu ändern.

Die Konkurrenz ist groß. Webinare, ich sprach sie bereits an, Konferenzen, Bücher, selbständige Coaches und Motivationstrainer. Was ist euer USP?
Stefan: Masterplan fußt auf drei Säulen. Die erste ist das Mindset: Wir wollen Leute dazu anhalten, dass sie sagen, “wir können die Digitalisierung selbst gestalten und diese wird nicht nur von anderen über unsere Köpfe hinweg vollzogen”. Die Menschen sollen selbst aktiv werden. Die zweite Säule ist Organisation: Wir glauben, dass ganz oft falsche Organisation und falsche Incentives innerhalb einer Organisation die Digitalisierung und den innovativen Umgang mit ihr verhindern. Die dritte Säule sind die Skills: “Was bringt mir das Ganze und wie kann ich das Gelernte morgen in meinem Alltag umsetzen?” Wir sind sehr weit weg von Motivationstrainern oder Selbstbestärkungs-Coaches, sondern geben den Menschen die Tools an die Hand, mit denen sie morgen anfangen können, etwas zu ändern.

Daniel: Wir sind keine Plattform, auf der man nur viel Content findet. Bei uns gibt es einen strukturierten Grundkurs über Digitalisierung. Darüber hinaus würde ich sagen, dass die Konkurrenz in der Tat riesengroß ist. Das ist ja erst einmal nicht schlecht, sondern heißt, dass es einen riesengroßen Markt für Learning und Weiterbildung gibt. Auf diesem Markt gibt es gigantisch große Mengen an Content – nur leider weiß der normale Mitarbeiter oft gar nicht, wo er den passenden Kurs oder das Wissen, das ihm in diesem Moment hilft, findet. Wir bauen eine Plattform, die auf Daten fußt und für jeden eine eigene Lernwelt darstellen soll. Je nachdem, woran, in welcher Branche und in welchem Beruf derjenige gerade arbeitet, soll er eine auf ihn und seinen Beruf zugeschnittene Lernwelt vorfinden. Dadurch sind wir eben kein riesengroßes YouTube mehr, auf dem man sich unendlich durchklicken kann, aber am Ende vielleicht nicht findet, was man braucht.

Digitalisierung ist das moderne Lesen und Schreiben.

Nochmal ganz spitz gefragt: Was könnt ihr besser als alle anderen?
Stefan: Man kennt das Prinzip vom iPhone, bei dem Hardware und Software perfekt ineinander greifen. Wir setzen nicht auf ein bestehendes Learn Management System auf, sondern bauen alles selbst neu. Dabei wollen wir sowohl das beste Learn Management System als auch den besten Content bieten. Diese Verknüpfung macht Masterplan aus: Du lernst von den Top-Experten der Industrie, die selbst ihre Erfahrungen weitergeben, auf eine derart unterhaltsame Weise, die Du sonst nirgendwo bekommst.

Daniel: Wir bieten unterhaltsamen Lerncontent, aus dem man ganz konkret etwas für den Berufsalltag zieht.

Der "Digitalisierungsgrad" von Knowledge-Workern unterscheidet sich massiv. Welche Lösung bietet ihr für dieses Problem?
Stefan: Digitalisierung ist das moderne Lesen und Schreiben. Deshalb hebt unser Grundkurs alle erst einmal auf ein gemeinsames Niveau, damit wir miteinander kommunizieren können. Danach geht es weiter auf den individuellen Lernpfad. Dieser hängt davon ab, in welcher Abteilung Du tätig bist und welche Vorkenntnisse Du bereits hast. Du bekommst jede Woche die Videos angezeigt, die für dich passen.

Daniel: Dafür greifen wir auf bestimmte Daten zurück: Was hat der Teilnehmer bisher gelernt und in welchen Bereichen, welche Ratings hatte er, haben ihm die Videos gefallen, haben sie ihn weitergebracht, um welches Unternehmen, welche Abteilung, welchen Fachbereich geht es. Mithilfe dieser Daten können wir individuell optimal geeignete Vorschläge machen.  

Weiterbildung in Kino-Qualität ist eines Eurer Kernversprechen. Wie kommt Ihr an den Content? Produziert Ihr wirklich alles selber, gibt es Kooperationen oder kauft Ihr bestehende Formate ein?
Stefan: Wir machen alles selber. Wir kaufen nichts extern ein.

Daniel: Wir produzieren alles in unseren eigenen Studios, in Kinoqualität. Mit unserem eigenen Filmteam und unserem eigenen Equipment.

Wenn es um Webinare und Konferenzen geht, schlackern viele Geschäftsführer mit den Ohren. Häufig ist es schwer zu definieren, welche Weiterbildung sich für welchen Mitarbeiter lohnt. Kann man die Erfolge von Weiterbildung messen – und wenn ja, wie?
Stefan: Das Messen funktioniert bei uns natürlich viel besser als bei jeder Offline-Weiterbildung oder jedem Seminar. Masterplan ist ja nicht nur ein YouTube, bei dem Du nur ein Video nach dem anderen schaust. Nach jeder Session gibt es ein Quiz, das Deinen Lernfortschritt überprüft. Nur wenn Du die Inhalte verstanden hast, schaltet sich die nächste Lektion frei. Am Ende bekommt so jeder Teilnehmer ein individuelles Zertifikat. Unternehmen können damit genau überprüfen, wer was gelernt hat. Das ist viel nachhaltiger als jede Weiterbildungskonferenz.  

Daniel: Durch die Wissensüberprüfung wird sichtbar, wer was gemacht hat. Traditionell kämpft E-Learning mit hohen Abbruchraten. Ob der Mitarbeiter das Angebot nutzt oder nicht, sagt viel über die Akzeptanz des Produkts aus. Wir machen gerade die Erfahrung, dass sich teilnehmende Mitarbeiter unseren Grundkurs gegenseitig weiterempfehlen.

Zahlreiche internationale Experten stehen mit großer Kompetenz an der Seite von Masterplan. Wie wählt Ihr die Partner aus?
Stefan: Wir haben eine sehr große Redaktion. Da erfolgt die Auswahl ähnlich wie im Journalismus: Wir überlegen einmal die Woche in unserer Redaktionskonferenz, welche Themen spannend für unsere User sind.

Daniel: Am Anfang fragen wir uns immer, welche Personen diesen Bereich oder dieses Thema geprägt haben. Zum Beispiel kommt man im Online Marketing ganz schnell auf Florian Heinemann. Mittlerweile ist außerdem auch sehr schön zu sehen, dass wir von den Experten, mit denen wir gedreht haben, neue Ideen und Empfehlungen bekommen und sich daraus wieder das nächste Thema und der nächste Dreh ergibt.

Wenn sich alles immer schneller verändert, muss man alles auch immer schneller lernen.

Digitalisierung ist euer Hauptthema. Wenn Du nur eine Stunde hättest, um jemandem etwas beizubringen: Welches konkrete Thema würdest Du angehen? (und warum?)
Daniel: Ich würde kein bestimmtes Thema wie beispielsweise Suchmaschinenoptimierung wählen, sondern versuchen, in dieser einen Lektion zu verstehen zu geben, was Digitalisierung eigentlich heißt.

Stefan: Man muss zwei Sachen lernen. Erstens: Technologie und Gesellschaft verändern sich immer schneller, deshalb müssen auch Organisationen immer schneller werden. Und zweitens – das ist zwar kein Lerninhalt, aber dennoch ein wichtiger Grundsatz: Alle Organisationen sollten viel mehr ausprobieren, anstatt lange “herumzustrategieren”. Daraus kann man dann Konsequenzen ziehen und weitermachen, was gut gelingt, und sein lassen, was schlecht gelingt. Die meisten Fragen lassen sich nicht vorab am Konferenztisch lösen.

Daniel: Die Veränderungsbereitschaft ist der Kern der Digitalisierung. Für Unternehmen heißt das im Endeffekt, dass man zur Bildungseinrichtung werden muss, um dieser Veränderung zu begegnen.
Ihr als Unternehmer habt bereits erfolgreich ein E-Recruiting-Produkt verkauft. Was war das wichtigste Learning, dass Ihr in eurem Berufsleben gemacht habt?

Stefan: Erstens: Konsequent bleiben, egal welche Strategie man hat. Und zweitens: Lieber falsche Entscheidungen treffen als gar keine. Denn letzteres lähmt die ganze Organisation.

Daniel: Schnell entscheiden, und niemals aufgrund von Einsparungen beim Gehalt den falschen Mitarbeiter einstellen.

Zum Abschluss: Welche Person haben euch am meisten inspiriert?
Stefan: Mark Zuckerberg. Auch wenn das vielleicht eine umstrittene Antwort ist. Aber: Du brauchst völlig unterschiedliche Skills, wenn Du ein Unternehmen mit zehn Mitarbeitern aufbaust, oder wenn Du eines mit hundert oder sogar zehntausend Mitarbeitern führst. Dass eine Person es schafft, in so jungen Jahren eine solche persönliche Transformation zu durchleben, mit der Entwicklung des eigenen Unternehmens als CEO so Schritt zu halten – es gibt eigentlich keinen Zweiten, der in einem solchen Tempo eine derartige persönliche Entwicklung durchgemacht hat.

Daniel: Auch wenn es ausgelutscht ist, würde ich Steve Jobs nennen, weil er solch eine unfassbar starke Produktverliebheit hatte. Für ihn gab es nur das perfekte Produkt. Ich glaube, es gibt keinen zweiten Unternehmer, der so sehr den Kunden in den Mittelpunkt setzt und schaut, was das beste Produkt für den Kunden ist.

In diesem Artikel
Hannes Hilbrecht

Hannes, Jahrgang 1993, gestaltet Content-Marketing-Projekte für die Digital-Agentur MANDARIN MEDIEN. Schrieb zuvor für Medien wie ZEIT ONLINE, den Berliner Tagesspiegel oder NDR.de. Ist nebenbei Fußballkolumnist. Erzählt jedem, den er trifft, dass er LeBron James interviewt hat. Für euch erreichbar unter: hannes.hilbrecht(ett)growsmarter.de

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