Content Marketing Revolution - 5 Best Practice
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Content Marketing Revolution - 5 Best Practice

Content Marketing ist der Klebstoff zwischen Kunde und Marke. Fünf Erfolgsbeispiele aus unterschiedlichen Branchen - und was wir lernen und verbessern können. 

von Hannes Hilbrecht
© Photo by Andre Hunter on Unsplash

"Es gibt nicht diesen einen Weg, um gutes Content Marketing zu machen", sagte Joe Pulizzi im Interview von GrowSmarter. Und Pulizzi, der Jack Nicholson des Content Marketings, muss es ja wissen.

Doch Erfolg ist so eine Sache. Hier beginnt das Hirnchaos, das sonst nur Pullunder tragende Seniorinnen ereilt, wenn beim Tanzcafé Wolle Petri und Roger Whittaker nacheinander durch die Boxen rödeln. Was, verdammt, definieren wir als erfolgreich?

Ein Projekt, das ohne Kompromisse und mit dem üblichen SEO-Brei richtig gut performt? Oder doch lieber die todschicke Idee, die trotz des vielen Hirnschmalzes zu brotloser Kunst geraten kann? Und muss es im Marketing wirklich immer moralisch korrekt laufen?

Langfristig ist natürlich nur der Mittelweg aus super schick und super performant ein richtiger Erfolg. Idealerweise hat das Projekt auch mehr Moral als eine Boulevardredaktion auf der Sommerklausur in Prag.

Wir stellen fünf Best Practices vor – und was sie uns lehren.

Break2 von Nike: One a mission

Wir haben immer weniger Geduld. Denken wir nur an die "selbstzugefügten Spoiler". Wer es nicht weiß, hier die Erklärung: Wir finden einen Film oder eine Serie super spannend, lesen aber zwischendurch bei Wikipedia vor, wie es ausgeht. Weil wir es nicht mehr aushalten, auf den Ausgang hinzufiebern. Die meisten von uns "Digital Natives" haben eben nur noch die Aufmerksamkeitsspanne eines Kolibris. Wieso warten, wenn die Antworten nur einen Smalltalk mit Alexa entfernt sind.

Nike hat bei einer seiner teuren und gut durchdachten Content-Offensiven eines hervorragend gemacht: Ein Ziel klar definiert und zeitlich begrenzt. Eine Mission kreiert. Break2 – der erste Marathon unter zwei Stunden.

Eliud Kipchoge, der beste Marathonläufer der Welt, und zwei andere Top-Athleten wollten auf einer Rennstrecke den ersten Marathon unter zwei Stunden laufen. Bestens vorbereitet und ausgerüstet mit allen legalen Hilfsmitteln. Eine Schallmauer galt es zu knacken.

Die Mauer fiel nicht. Doch trotzdem ging Nikes Idee voll auf. Die Story war so gut, dass das National Geographic Magazine eine Doku im Umfang eines Features Eine fast 60 minütige Dokumentation. drehte. Weltweit berichteten die Medien über diese wilde Hatz. Und die Landingpage, die Nike schaltete, gab der Sensationskampagne ein würdiges Heim.

Das Beste: Das Unternehmen baute den wahren Hintergrund von Break2 geschickt in die Story ein: Den neuen Laufschuh, mit dem Kipchoge die Rekordjagd bestritt.

Learning: Setze ein klares, öffentliches Ziel für das Projekt und binde so die User in eine Mission ein. Vor allem: Begrenze das Projekt mit einem klaren Rahmen. So wie es gute Serien machen.

2. Der Postillon:  Spiel mir das Lied der Relevanz

Es gibt wohl kein Medium in Deutschland, das mit “so wenig” Aufwand so viel erreicht. Lange bestand das Gerüst des Postillons nur aus einem Mitarbeiter, der die Artikel schrieb und Facebook Posts textete. Auch heute noch ist das Team klein und das Konzept wirkt immer gleich.

Man nehme ein viel diskutiertes, relevantes Thema → packe dieses in ein witziges Setting → finde einen guten sowie massenkompatiblen Gag für die Headline → poste es in die Welt.

Die Facebook-Beiträge vom Postillon dominieren regelmäßig die Trends in Deutschland. Artikel, die einmal gut liefen, werden, sobald das Thema wieder aktuell ist, in der Mikrowelle aufgewärmt und wieder geteilt. Guter Content ist nachhaltig und langlebig. Und diese Reposts sind bei den Lesern so beliebt wie Kassler in der Kantine der Berliner Stadtreinigung. Generell positiv: Der Aufwand der kurzen Beiträge, die selten eine ausgiebige Recherche voraussetzen, ist im Vergleich zu langen Analysen oder multimedialen Reportagen überschaubar.

Die Resultate sind es nicht, im Gegenteil: Sie sind überwältigend. Über sieben Millionen Page Visits und 3,5 Millionen Unique Users pro Monat – das sind enorme Reichweiten die mit verhältnismäßig geringen Ressourcen generiert werden.

Der wichtigste Motor für den Traffic: Die Beiträge werden nahezu in Echtzeit an die relevanten und die Gesellschaft bewegenden Themen angekoppelt. Schon zwei oder drei Tage später ausgespielt, würden die meisten Artikel kaum so gut funktionieren.

Learning: Für hohe organische Reichweiten und starke Reaktionsraten müssen Publisher schnell sein. Doch bürokratische Arbeitsmodelle und zeitaufwändige Freigabeprozesse in Unternehmen ersticken diese Möglichkeit oft vorzeitig. Wer relevant sein will, muss flexibel und mit Beinfreiheit arbeiten.

3. Hornbach: Help me if you can

Tutorials haben einen Bart. Jeder macht sie mittlerweile. Es gibt bei YouTube sogar Videos, die erklären, wie man eine Orange richtig schält. In Zeiten von Google Maps und Apps, die einen Vibrationsalarm auslösen, sobald man zu lange nichts getrunken hat, schaltet sich unser Verstand oft auf Standbye.

Doch manche Tutorials sind tatsächlich sehr wichtig. Sie lindern sogar ein gesellschaftliches Problem. Zum Beispiel den Handwerkermangel. Fast jeder, der gerade eine geplatzte Fliese ausgetauscht haben will oder eine Balkontür ersetzen muss, merkt: Einen Handwerker zu bekommen, ist gar nicht so leicht und vor allem teuer.

Die Baumarktkette Hornbach hat den Trend des “Do it yourself” schon lange erkannt und produziert mit die besten Tutorials auf dem deutschen Content-Markt. Die Erklärvideos sind teuer in der Produktion, dafür sehr hochwertig und vor allem: hilfreich. Dementsprechend performen sie gut und generieren starke Reichweiten.

Gerade bei schlauen Heimwerkern, die sich erst über ein Bauvorhaben mit Tutorials informieren, und dann den Baumarkt stürmen, sind sie Gold wert. Schließlich möchte man es mit “deutscher Pflichtreue” genauso machen wie im Video und die gleichen Produkte verwenden.

Richtig gut: Die grafisch aufbereitete Einschätzung von Schwierigkeit, Arbeitszeit und notwendiger Manpower. Mit diesen Angaben lässt sich auch das Suchvolumen richtig abschöpfen.

Learning: Schaffe für die User greifbare Mehrwerte und webe diese sinnvoll in die Customer Journey ein.

4. DAZN - Share und Herrsche

DAZN macht unfassbar gutes Marketing. Auch daran zu erkennen, dass Apple erst kürzlich den Marketing-Chef Benjamin Reininger abwerben konnte.  

Ein Aspekt, der besonders heraussticht: die klugen strategischen Partnerschaften. Zum Beispiel mit TV-Kanälen. Sport1, ein Sender, der verlässlich Nachrichten liefert und auch für gewisse Clips nach Mitternacht bekannt ist, streute in der Vergangenheit häufig DAZN-Content und verwies auf das Angebot des Streaming-Anbieters. Das lief über eine bezahlte Partnerschaft und funktionierte trotzdem organisch. Denn der exklusive Content, den Sport1 nun über den eigenen Kanal (1,6 Millionen Follower) ausspielen durfte, lief dort extrem gut.

Beide Marken haben die gleiche Zielgruppe und bieten sogar ein (oberflächlich) ähnliches Angebot. DAZN dockte strategisch klug an die Reichweite eines vermeintlichen Konkurrenten an.

Ähnlich machte es übrigens Sky, als es der Sportschau mit dem Bundesligaspiel Dortmund gegen Schalke ein echtes Fußball-Highlight spendierte. Natürlich nur unter üppiger Einbindung der Marke Sky.

Was man aus beiden Cases lernen kann: Schon bevor das Content Marketing startet, müssen mögliche Kooperationspartner eruiert werden. Diese haben im Idealfall die gleiche Zielgruppe, bieten aber ein anderes Produkt an. So können Inhalte geteilt und organisches Wachstum gemeinsam forciert werden. Share und Herrsche!

Learning: Wer Inhalte für potenzielle Partner mitdenkt oder exklusiven Content kreiert, den auch andere haben wollen, kann mit vermeintlichen Konkurrenten kooperieren und an Reichweiten günstig andocken.

5. Telekom - das trojanische Pferd

Das mit der Telekom und mir ist eine sehr persönliche Beziehung. Ich habe vergangenes Jahr mit ihr geweint und gelacht. Sehr viele intensive Minuten verbracht. Mindestens 4500. Dabei bin ich weder Handy- noch DSL-Kunde der Telekom.

Der Grund für so viel Emotion: Magenta-Sport, der Sportkanal aus Bonn. Die Telekom bietet Sportübertragungen aus der dritten Fußballliga und überträgt auch die heimischen Basketball- und Eishockeyligen. Für unzählige Fans ist die Telekom die einzige Chance, ihre Lieblingsmannschaft in Farbe zu sehen. Die Telekom lebt den eigenen Slogan (erlebe, was verbindet) und transportiert für wenig Geld Emotionen in die Wohnzimmer der Kunden. Man könnte auch sagen: Die User bezahlen freiwillig für die Werbung. Wie ich, der über MagentaSport den FC Hansa Rostock verfolgt.

Und man stelle sich nur vor, ein Vodafone-Anschluss kollabiere in der Schlussphase eines spannenden Spiels … .

Learning: Du hast es im Content Marketing endgültig geschafft, wenn die Kunden für deine Inhalte und deine Werbung sogar freiwillig Geld bezahlen.

In diesem Artikel
Hannes Hilbrecht

Hannes, Jahrgang 1993, gestaltet Content-Marketing-Projekte für die Digital-Agentur MANDARIN MEDIEN. Schrieb zuvor für Medien wie ZEIT ONLINE, den Berliner Tagesspiegel oder NDR.de. Ist nebenbei Fußballkolumnist. Erzählt jedem, den er trifft, dass er LeBron James interviewt hat. Für euch erreichbar unter: hannes.hilbrecht(ett)growsmarter.de

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