Der Sport darf nicht sterben
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Der Sport darf nicht sterben

Für die Vereine, für die Jugend, für die Kultur. Die Erhaltung des professionellen Sports ist nicht nur eine Herausforderung für die Vereine. Auch wir Unternehmen sind gefragt. Ein Plädoyer.

von Kevin Friedersdorf
©www.ein-land-eine-kurve.de

Mein erstes Spiel beim FC Hansa Rostock war voll für die Rippen. Ich war etwa 16 Jahre alt. Hansa spielte gegen den FC St. Pauli, Bundesliga, mitten in den Neunzigern, eine verschwommene Zeit zwischen Lichtenhagen und Love-Parade. Ich stand im Fanblock, und sah irgendwann nicht mehr viel. Ein Fan hatte eine Rauchgranate auf das Spielfeld geworfen. Gegen den Wind. Meine Augen brannten in den Rauchschwaden. Nach dem Spiel geriet meine Gruppe (und der halbe Block) unverschuldet in eine Auseinandersetzung mit der Polizei. Ein Schlagstock bohrte sich zwischen meine Rippen. Fußball, das war für mich lange kein Herzschmerz, sondern ein blauer Fleck.
 
Seit Beginn der Corona-Pandemie denke ich intensiv an den Sport. Mit jedem Tag, an dem Plätze und Hallen in Städten und Dörfern verwaist bleiben, wird mir bewusster, wie wichtig er für unsere Gesellschaft ist. Sport bedeutet viel mehr als ein paar Siege und Niederlagen. Volle Stadien und Hallen bilden einen Kitt in unserer Gesellschaft, unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Haltungen und Meinungen begegnen sich auf den Traversen. Und: Sport ist ein wichtiger Antrieb für die Jugend.

Der Unterschied über Erfolg und Misserfolg
 
Wie bedeutsam die sportliche Bewegung für Kinder ist, dürften besonders Eltern zwischen Homeschooling und Homeoffice gemerkt haben. Im Sport lernt die Jugend vieles von dem, was im späteren Leben über Erfolg und Misserfolg entscheidet. Fleiß. Ehrgeiz. Fair Play. Teamgeist. Der Umgang mit Druck. Freude an Mut und Risiko. Verantwortung.
 
Nein, der Sport darf in Mecklenburg-Vorpommern nicht sterben, weder in der Spitze noch an der Basis. Als Unternehmer denke ich auch wirtschaftlich. In der Branche sagt man, dass mit jedem Euro, den der Fußball umsetzt, vier weitere für die Wirtschaft verdient werden. Hinter anderen Sportarten stecken ähnliche Wertschöpfungsketten. Am Sport hängen viele Arbeitsplätze. Und es klebt Herzblut daran. Emotionen, Glück, Herzschmerz.

Ein Hilfspaket für den Sport
 
Anfang April baten uns die Footballer der Rostock Griffins um Hilfe. Wir überlegten als Agentur, was wir für diesen Klub und für den gesamten Sport in Mecklenburg-Vorpommern bewirken könnten. Unsere Firma hält sich trotz der Corona-Einschneidungen. Bisher konnten wir Kurzarbeit vermeiden. Das Geld, das wir momentan sponsern können, spenden wir der Tafel. Aber wir haben freie Kapazitäten. Und für uns arbeiten zahlreiche Kollegen mit einer ausgewachsenen Sportleidenschaft.
 
Stefan, der Hansa-Stürmer Pascal Breier als Britney Spears malte, und dabei den Respekt vor dem Superstar von der Ostsee wahrte. Robert, einen Pixel- und Tippligenexperten. Franziska, die Timo Lange vergötterte. Oder Hannes, der LeBron James schon seine Schweiß getränkte Hand reichen durfte. Der Arme.
 
Vor ein paar Wochen schnürten wir unser eigenes kleines Hilfspaket für den Sport in unserer Heimat, wir bieten Know-how und Arbeitszeit. Vor sieben Wochen kamen die wichtigsten Vereine des Bundeslandes an einen Tisch, wir schufen den Rahmen für einen Sportarten übergreifenden Austausch. Auch dürfen wir diesen moderieren und mit jedem Forum selbst dazulernen. Die Macher und Macherinnen hinter den Vereinen imponieren uns mit ihrer Kreativität, Kraft und Hilfsbereitschaft.

Große Potenziale für Unternehmen

Momentan arbeiten wir zudem an einer Kampagne, mit der wir die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern zusammenführen und gleichzeitig dem Spitzen- und Breitensport direkt und unbürokratisch helfen wollen: "Ein Land. Eine Kurve." Den Sport im Bundesland zu bewahren, die sportlichen Perspektiven für den Nachwuchs zu schützen – das ist nicht nur der Job der Vereine. Es ist unser aller Verantwortung. Wir Unternehmen sind gefragt.
 
Ich verstehe die Kraft, die in der Emotionalität des Sports steckt, mittlerweile sehr viel klarer. Natürlich ist es für Unternehmen nahezu unmöglich, Sponsorings zu intensivieren oder aufrecht zu erhalten, wenn sie im Alltag um jeden Arbeitsplatz ringen und Mitarbeiter auf Kurzarbeit setzen müssen. Trotzdem bieten Sponsorings und Partnerschaften mit großen und lokalen Vereinen viele Perspektiven in den Bereichen Marketing, Vertrieb und Kommunikation. Unternehmen, die Sponsorings wirtschaftlich vertreten können, sollten diese Leistungen für den langfristigen Erhalt der Vereine dringend bewahren. Die Unterstützung von Vereinen war nie wichtiger – und sie kann auch in der Krise betriebswirtschaftlich sinnvoll sein.
 
Vor ein paar Wochen schufen wir für aktuelle und ehemalige Kunden sowie hilfsbedürftige Unternehmen im Land die kostenlose digitale Sprechstunde. Eine Art Dankeschön für den Vertrauensvorschuss, den wir in den vergangenen 18 Jahren von vielen Partnern bekommen haben. Dieses Angebot weiten wir aus für Firmen, die zurzeit über Sponsorings nachdenken, vielleicht sogar an ihnen zweifeln. Wenn Firmen den Vereinen treu bleiben, helfen wir gerne dabei, das Maximum aus den geplanten oder erwogenen Engagements zu machen. Nie war Einsatz, Zusammenhalt und Mut auf und neben dem Feld wichtiger.
 
Ein Land. Eine Kurve. Eine große Verantwortung.

In diesem Artikel
Kevin Friedersdorf

Ist Gründer und Geschäftsführer der Digitalagentur MANDARIN MEDIEN. Seit September 2018 ist er Herausgeber von GrowSmarter.

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