Begeisterung statt Beförderung
New Work

Begeisterung statt Beförderung

Wie können Mitarbeiter in der neuen Arbeitswelt langfristig motiviert werden? Mit Begeisterung statt Beförderung, schreiben die Autoren des Buches "Good Job!" in dieser Vorabveröffentlichung.

von Good Job
Die Autoren des Buches "Good Job" wollen hoch hinaus. ©venture_idea_gmbh

Stehen Mitarbeitern heutzutage überhaupt die notwendigen Werkzeuge zur Verfügung, um ihr Bestes zu leisten? Und vor allem: Wie wollen sie ihre Bestleistung überhaupt abrufen? Und wenn nicht, wie schafft man es, sie neu und nachhaltig zu motivieren?

Mit diesen Fragen beschäftigen sich Wissenschaft und Praxis schon seit vielen Jahren. In den 1960er Jahren schlug Douglas McGregor, Professor am Massachusetts Institute of Technology (MIT), zwei unterschiedliche Theorien und entsprechende Managementstile zur Motivation vor - die berühmten Theorien X und Y.

Theorie X unterstellt, dass der Mensch grundsätzlich unwillig ist. Entsprechend ist in diesem Fall ein autoritäres Management nötig, welches der Tendenz der Mitarbeiter, Arbeit zu vermeiden, entgegenwirken muss - beispielsweise durch eine genaue Vorgabe der Arbeitsabläufe oder strenger Kontrolle. Eine Tendenz, Arbeit zu vermeiden, hat sicherlich schon jeder noch so gewissenhafte Arbeitnehmer mehr als einmal verspürt. Manchmal ist es einfach attraktiver, die Zeit in der Raucherecke, der Kaffeeküche oder in sozialen Medien zu verbringen, als seine Aufmerksamkeit dem Tagesgeschäft zu widmen.

Ob dieses Verhalten jedoch von einem grundsätzlichen Unwillen zeugt, der durch Macht und Kontrolle bekämpft werden muss, ist zumindest in Jobs mit einem Minimum an Attraktivität fraglich. Deshalb stimmt sicherlich die Mehrheit der heutigen Manager zu, dass McGregors Theorie Y näher an der Realität moderner Wissensarbeiter liegt. Diese sieht den Menschen als von innen motiviert, seine Ich-Bedürfnisse zu erfüllen und nach Selbstverwirklichung zu streben. Und es wird in der Folge ein partizipativer Managementstil vorgeschlagen, der durch Freiheiten Raum für Verantwortung, Eigeninitiative und Kreativität schafft.

Menschen sind grundsätzlich immer motiviert

Heute, mehr als fünfzig Jahre später, weiß man, dass die Frage, ob Menschen grundsätzlich motiviert sind (Theorie Y) oder nicht (Theorie X), wesentlich zu kurz greift. Denn Menschen sind immer motiviert, auch wenn sie rauchen, Kaffee trinken oder im Internet surfen. Sie sind dann nur eben nicht motiviert, die ihnen zugedachten Aufgaben zu erledigen. Die viel entscheidendere Frage ist demnach, warum Menschen motiviert sind. Was ist es genau, dass sie antreibt, ein bestimmtes Verhalten an den Tag zu legen?

In der aktuellen Wirtschaftsliteratur, aber auch in der Praxis, begegnet einem in diesem Zusammenhang häufig die einfache Unterscheidung zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation.Motivation aus eigenem Antreib und von außen bestimmt, mehr Infos dazu gibt´s hier. Ist man intrinsisch motiviert, tut man etwas um der Sache willen, bei extrinsischer Motivation verfolgt man hingegen eine Aktivität, um ein der Sache fremdes Ergebnis zu erzielen. Spiele ich beispielsweise Gitarre, weil mir das Spielen Freude bereitet, bin ich intrinsisch motiviert. Spiele ich hingegen, um Geld zu verdienen, um Menschen zu beeindrucken oder sogar nur, um besser zu werden, verfolge ich ein der Sache fremdes Ziel und bin somit extrinsisch motiviert.

Intrinsisch motivierte Arbeitnehmer leisten mehr

Wenn mir etwas Freude bereitet, werde ich damit auch nicht aufhören, wenn ich ein gewisses Ziel erreicht habe. Daher ist es nicht verwunderlich, dass intrinsischer Motivation nachgesagt wird, langfristiger und beständiger zu sein.

In der Arbeitswelt führt dies erwiesenermaßen dazu, dass intrinsisch motivierte Mitarbeiter, die Freude an ihrer Arbeit verspüren, dreimal so engagiert sind und eine deutlich höhere Arbeitsleistung an den Tag legen als extrinsisch motivierte Mitarbeiter, für die Arbeit nur Mittel zum Zweck ist. Da sie weniger auf monetäre Ziele fokussiert sind, können intrinsisch motivierte Mitarbeiter - im Gegensatz zu extrinsisch Motivierten - ihrer intellektuellen Neugier folgen, neue Fähigkeiten erlernen oder Spaß bei der Arbeit empfinden, und damit Bestleistungen erbringen. Stephen King beispielsweise, der mit über 400 Millionen verkauften Büchern zu den berühmtesten und wohl auch reichsten Autoren der Welt gehört, schrieb laut eigener Aussage kein Buch aus extrinsischer Motivation wie Geld oder Ruhm heraus, sondern aus Freude am Schreiben selbst:

"Yes, I’ve made a great deal of dough from my fiction, but I never set a single word down on paper with the thought of being paid for it ... I have written because it fulfilled me ... I did it for the buzz. I did it for the pure joy of the thing. And if you can do it for joy, you can do it forever." - Stephen King

Unternehmen setzen auf bewährte Anreizsysteme

Die meisten werden nun sagen: Das ist alles nichts Neues, und genauso ist es auch. Umso verwunderlicher ist es da, dass Motivation in Unternehmen auch heute noch primär auf extrinsische Anreizsysteme setzt. In unserer Gesellschaft und in vielen Unternehmenskulturen wird suggeriert, dass man nach mehr Geld, Anerkennung, Macht und Selbstverwirklichung im Job streben müsse – dann komme das Lebensglück von ganz alleine.

Je höher ich also auf der Karriereleiter komme, desto besser wird mein Leben. Ganz nach dem Motto von Gordon Gecko, dem rücksichtslosen Investmentbanker, gespielt von Micheal Douglas, im Film Wallstreet:

"Es geht nur um die Kohlen, Junge, alles andere ist unwichtig!" - Gorden Gecko, Wallstreet

Mehr Geld taugt nicht als langfristiger Motivationsfaktor

Nun ist eben dies bei Menschen so eine Sache, denn erwiesenermaßen macht mehr von etwas nicht nachhaltig glücklicher. In einer 2010 im Journal of Vocational Behavior veröffentlichten Metastudie, die 120 Jahre Forschung einbezog, wurde bestätigt, dass die Zufriedenheit von Menschen mit ihrem Gehalt unabhängig von der tatsächlichen Höhe des Gehaltes ist. Mehr Geld taugt also nicht als nachhaltiger Motivationsfaktor. Aber wie ist es mit den anderen Komponenten einer Beförderung wie Macht, Ansehen und interessanteren Aufgaben?

In einer Studie von David Johnston und Wang-Sheng Lee mit knapp 2.000 Vollzeitbeschäftigten fanden die Wissenschaftler heraus, dass die positiven Effekte einer Beförderung, zum Beispiel erhöhte Arbeitszufriedenheit, größere Kontrolle am Arbeitsplatz und das Gefühl größerer Jobsicherheit, in der Regel nach drei Jahren auf das Niveau vor der Beförderung zurückgehen. Was bleibt sind jedoch die negativen Effekte wie erhöhter Stress und längere Arbeitszeiten.

Die Beförderungskultur kann sogar schaden

Dies führe insgesamt zu einer deutlichen Verschlechterung der physischen Gesundheit. In all diesen Untersuchungen zeigt sich die Gefahr im falschen Umgang mit extrinsischen Anreizen. Die heute so oft gelebte Beförderungskultur ist meist nicht nur ineffektiv, sondern kann Mitarbeitern und Unternehmen sogar langfristig schaden.

Paradoxerweise gilt dies nicht nur für diejenigen Mitarbeiter, die von vornherein ausschließlich wegen extrinsischer Anreize den täglichen Weg zur Arbeit antreten. Auch im Umgang mit den hart umkämpften Mitarbeitern, die Leidenschaft für ihre Tätigkeit mitbringen, birgt die "zusätzliche" extrinsische Motivation Gefahren.

Dies zeigt zum Beispiel ein Experiment der Psychologen Mark R. Lepper und David Greene. In diesem wurde die Motivation von 51 Kindern im Alter von drei bis fünf Jahren beim Malen mit Filzstiften untersucht. Ein Auswahlkriterium für die teilnehmenden Kinder war, dass sie Freude am Malen hatten, also aus intrinsischer Motivation heraus agierten.

Erwartete Belohnung verschlechtert Qualität

Die Forscher teilten sie in drei unterschiedliche Testgruppen und luden die Kinder in einen Raum ein, um dort sechs Minuten lang zu malen. Der ersten Gruppe wurde vor dem Malen eine Belohnung für das Ergebnis versprochen. Die zweite Gruppe erhielt dieselbe Belohnung, allerdings ohne Ankündigung und erst nach Abschluss der Aktivität. Die dritte Gruppe erhielt keine Belohnung. In den darauffolgenden Tagen wurden die Kinder beim Spielen beobachtet, um zu prüfen, wie viel Zeit sie aus freien Stücken auf das Malen verwandten.

Das Ergebnis: Während bei der zweiten (unerwartete Belohnung) und dritten (keine Belohnung) Gruppe kein statistisch signifikanter Unterschied zu erkennen war, halbierte sich die Zeit, in der freiwillig gemalt wurde bei der ersten (erwartete Belohnung) Gruppe. Und nicht nur das! Die Bilder, die die Kinder der Gruppe mit erwarteter Belohnung malten, waren von schlechterer Qualität.

Halten wir fest: Verspricht man Kindern, die gerne malen, eine Belohnung für diese Aktivität, hat dies einen negativen Einfluss auf eben diese Aktivität. Obwohl sie zuvor gerne gemalt haben, sinkt ihre Motivation für das Malen dramatisch, während gleichzeitig die Qualität des Ergebnisses abnimmt, wenn man ihnen eine Belohnung verspricht.

Der Korrumpierungseffekt

Dieses Phänomen wird als Korrumpierungseffekt bezeichnet. Der extrinsische Anreiz bei zuvor intrinsisch motivierten Personen führt dazu, dass ihr Motivationsniveau unter das Ursprungsniveau fällt – sprich, sie werden demotiviert. Die intrinsische Motivation wird somit im Grunde von der extrinsischen verdrängt. Der Korrumpierungseffekt ist nicht nur bei Studien mit Kindern nachgewiesen worden. Auf diesem Gebiet gibt es heute buchstäblich hunderte Studien. So zum Beispiel auch ein Experiment mit Erwachsenen, die bestrebt waren, das Rauchen aufzugeben. Die Gruppe, die für dieses Vorhaben belohnt wurde, war kurzfristig erfolgreicher. Nach einem Zeitraum von drei Monaten fielen diese jedoch deutlich hinter die Gruppe derer, die keine Belohnung erhielten.

Die systematische Ausrichtung der Arbeit in Unternehmen auf extrinsische Belohnung - inklusive dem Konzept der Beförderung als Motivator - motiviert also bestenfalls kurzfristig, und korrumpiert schlimmstenfalls sogar den Antrieb und die Leistung intrinsisch motivierter Mitarbeiter. Dies sollte uns zu denken geben.
 

Glücklicherweise zeigen jedoch viele Beispiele aus der Praxis, dass es auch anders geht - welche im Buch "Good Job" ausführlich beschrieben werden.

Das Buch Goodjob erscheint im März 2019 im Vahlen-Verlag und ist bereits vorbestellbar. © Vahlen Verlag

Zum Buch: Wie können Mitarbeiter zu einem "Good Job" kommen, mit dem sie in der neuen Arbeitswelt glücklicher und somit auch leistungsfähiger sind?

Dies beantwortet das Buch "Good Job! - neue Impulse für eine absurde Arbeitswelt". Es nimmt bestehende Paradigmen mit einer guten Portion Augenzwinkern aufs Korn, hebelt verkrustete Denkweisen bei Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus und lässt den Leser pointiert zur Einsicht kommen: "Es geht auch anders." Nicht nur Motivation, auch Themen wie Führung, Arbeitsplatz, Work-Life-Balance uvm. werden kritisch hinterfragt und neu gedacht.

Dabei orientieren sich die Autoren an zahlreichen Praxisbeispielen, Ergebnissen aktueller Studien und eigenen Experimenten und Erfahrungen.

Die Autoren: Alexander Kornelsen, Florian Lanzer, Lucas Sauberschwarz und Lysander Weiß führen als Partner gemeinsam die Strategieberatung Venture Idea, die jüngst als beste mittelständische Beratung für Innovation & Wachstum von der WirtschaftsWoche ausgezeichnet wurde. Ihre Mission: Die Arbeit soll ein glückliches Leben ermöglichen. Dafür lassen sie die "alte Arbeitswelt" hinter sich und gehen neue Wege. Nicht nur in Projekten, sondern auch als Experten prägen sie Innovation & New Work bei Großunternehmen, z.B. mit ihrem Amazon-Bestseller" "Das Comeback der Konzerne", ihren Tätigkeiten als Direktoren und Dozenten beim SGMI Management Institut St. Gallen und zahlreichen Beiträge bei Veranstaltungen, Magazinen und Podcasts.

Auf dem Weg zur neuen Arbeitswelt haben sie sich mit Professor Dr. Nicolas Burkhardt als weiteren Co-Autoren verbündet. Dieser ist nicht nur Experte und Influencer mit über 50.000 Followern zu den Themen Transformation, Innovation & Leadership, sondern auch Praktiker mit langjähriger Erfahrung in Großunternehmen. Heute berät er mit Kopfspringer große Unternehmen, und ist außerdem Begründer der HR Garage für New Work, des RoundTable Innovation Management, des Wirtschaftswoche Quantensprung Award für disruptive Geschäftsmodelle sowie Gründer und Mentor zahlreicher (Corporate) Startups.

Lucas Sauberschwarz, Lysander Weiß, Alexander Kornelsen, Florian Lanzer © venture_idea

Tipp: Im Good Job! Podcast zum Buch diskutieren die Autoren Alexander Kornelsen und Lysander Weiß gemeinsam mit Experten und Praktikern aus Wirtschaft und Politik. Die ersten Folgen sind bereits online, alle 2 Wochen gibt es eine neue Episode. Gäste sind z.B. Jan Rehders (Design Director WeWork Europe), Lars Klingbeil (Generalsekretär SPD), Rolf Sigmund (Geschäftsführer L’Oréal Luxe Deutschland) uva.

"Good Job! Der Podcast für die neue Arbeitswelt" ist auch auf iTunes und Spotify zu finden. 

In diesem Artikel
Good Job

Das Buch "Good Job" der Autoren Prof. Dr. Nicolas Burkhardt (Kopfspringer), Alexander Kornelsen, Florian Lanzer, Lucas Sauberschwarz und Lysander Weiß (Venture Idea) erscheint voraussichtlich im März 2019 im Vahlen Verlag und kann ab sofort vorbestellt werden. Mehr Informationen auf www.goodjob.jetzt .

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