BusinessBall: Baseball Harper-Learnings für Personaler
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BusinessBall: Baseball Harper-Learnings für Personaler

Der Baseballer Bryce Harper verließ sein altes Team für sehr viel Geld. Jetzt zählt er zu den Verlierern, sein Ex-Club zu den Siegern. Was uns der Fall über Teambuilding lehrt. #BusinessBall

von Hannes Hilbrecht
Baseballschläger - in den USA dank nationalsprtart Baseball überall ganz normal
Baseballschläger gehören in den USA in jede Spielwarenabteilung. © Photo by NeONBRAND on Unsplash

330 Millionen Dollar für zwölf Jahre Baseball. 

Als Bryce Harper im März 2019 seinen Megavertrag bei den Philadelphia Phillies unterschrieb, war das eine aufsehenerregende Nachricht. Bis dahin war das der größte Vertrag, den ein US-Sportler je unterschrieben hatte. Harper, einer der besten in seinem Sport, würde Philadelphia Homeruns und Siege bringen, da waren sich viele Experten einig. Er würde die hohe Summe mit Erfolg zurückzahlen.

In die Röhre schauten damals nicht nur die unzähligen Teams, die vergebens um Harper geboten hatten. Besonders die Washington Nationals, sein bisheriges Team, zählten zu den Verlierern. Harper hatte die Nationals als Free Agent verlassen. Einen Spielertausch, wie im US-Sportsystem üblich, hatte es bei diesem Wechsel nicht gegeben. Die Nationals verloren ihren besten Spieler, ohne einen Gegenwert zu bekommen. Die Nationals, schrieben Baseball-Kenner, würden deshalb einige Probleme bekommen. 

Ein tolles und ein komisches Baseball Spiel

Etwas mehr als ein halbes Jahr später ist die Baseball-Saison fast vorbei. Die Washington Nationals stehen in der World Series, dem Finale der Baseball-Meisterschaft. Gewinnen sie zunächst vier Spiele gegen die favorisierten Houston Astros, wäre es der erste Titel der Nationals. Schon jetzt ist der Finaleinzug der größte Erfolg in der relativ kurzen Vereinshistorie. Wenn man möchte, gar eine Sensation. Harper hingegen hat seit etwa einem Monat Urlaub. Seine Phillies haben es nicht mal in die Playoffs geschafft. 

Baseball ist ein komisches Spiel. Wenn die Pitcher, die Werfer, richtig gut sind, passiert in etwa drei Stunden Spielzeit fast gar nichts. Auch gibt es unfassbare 162 Saisonspiele. Die braucht es, um tatsächlich ermessen zu können, welche Mannschaften wirklich gut sind und welche eben nicht ganz so gut. Die Los Angeles Dodgers, zuletzt das zweitbeste Team in der regulären Saison, haben 106 Spiele gewonnen, aber eben auch 56 verloren. 

Mit einem Unternehmen vergleichbar

Baseball ist auch extrem faszinierend, weil sich der Sport besonders gut eignet das Konstrukt eines Sportteams mit dem einer Unternehmens-Mannschaft zu vergleichen. 

Beim Baseball spielt man nämlich anders als beim Football, Basketball oder Fußball oft komplett auf sich allein gestellt. Das Spiel ist statischer aufgebaut. In der Offensive steht jeder allein an der Platte, um den Ball möglichst gut ins Feld oder bestenfalls auf die Tribüne zu hämmern. In der Defensive gibt es wie in einem Unternehmen zahlreiche spezialisierte Jobs, die recht unabhängig voneinander ablaufen. Am Ende bringt jedes Mitglied eine klare Einzelleistung zum Gesamtergebnis ein. Auch deshalb versuchten die Oakland Athletics vor Jahren, das System zu hacken. Sie kauften ihre Spieler nach Statistiken, nicht nach Renommee und Standing ein. Das Prinzip “Moneyball” war geboren – und wurde Jahre später mit einem Hollywoodfilm geehrt. 

Jeder Spieler unentbehrlich

Anders als manchmal im Basketball oder Football, wo einige Stars dominieren und oft die Leistungen schwächerer Mitspieler kompensieren, ist beim Baseball jeder Spieler unentbehrlich. Jede Leistung zählt. Eine gute Baseball-Mannschaft funktioniert wie ein gutes Unternehmen. Auf jeder Position stehen Spezialisten, die ihr Soll erfüllen. Am Ende des Spiels wird abgerechnet. Die bessere Bilanz gewinnt. 

Nun klickte es bei den Nationals ausgerechnet, nachdem der beste “Mitarbeiter” weg war. Und das ohne viele Neuzugänge. Acht der zehn Nationalspieler, die das erste World-Series-Spiel starteten, waren schon in den Vorjahren dabei. 

Doch was können wir aus diesem Fall lernen?

Unsere 3 Learnings:

1. Herausragende Athleten kaschieren manchmal Schwächen in der Organisation

Auch in einer Team-Sportart wie Baseball können Stars mit Höchstleistungen so manche Schwachstelle der Mannschaft kaschieren – aber auch so manche Stärke der anderen verdecken. Erfolge, egal wie sie zustande kommen, werden seltener hinterfragt als Niederlagen – und die Top-Performer ernten gewöhnlich die größte Anerkennung. Der Harper-Abgang löste bei den Nationals anscheinend Vorgänge aus, die dazu führten, dass die Strukturen analysiert und gefestigt wurden, die Mannschaft so besser abschnitt als zuvor. Heißt für uns: Unternehmen sollten ihre Top-Performer natürlich hegen und pflegen, aber gleichzeitig genau schauen, ob ihre beachtlichen Leistungen nicht chronische Mängel in den Teams oder anderweitigen Strukturen verbergen. Oder ob ihre Top-Performance überhaupt erst durch ein starkes Team möglich wird und andere Menschen mit Höchstleistungspotenzial nur in der zweiten Reihe stehen.

2. Allround-Talent ist durch Spezialisten ersetzbar

Bryce Harper galt auch deshalb als extrem wertvoll, weil er als sogenannter Five-Tool-Player alle relevanten Eigenschaften eines guten Baseballers auf seiner Position vereinte. Aber ist 360-Grad-Talent nicht eher ein Luxus als ein zwingender Need? Besonders beim Baseball kommt es wie in vielen anderen Sportarten mehr auf spezialisierte Inselbegabungen an und nicht unbedingt auf das "Alleskönnen". Allround-Talent ist in wirklichen Teamsportarten, wo jedes Teammitglied ähnlich wertvoll ist, fast immer über die qualitative Breite ersetzbar. 

3. Personeller Umbruch als Chance

Verlassen Führungsspieler eine Unternehmung, ist das auch eine Chance für den Nachwuchs, sich zu profilieren. Bei den Nationals bekamen viele Spieler plötzlich mehr Aufmerksamkeit – und im Rampenlicht verbesserten sie ihre Leistungen. Personelle Umbrüche bieten immer Chancen. Wenn, ja wenn, sich die Organisationen zuvor nicht nur auf die großen Namen verlassen haben. Genau das ist vielleicht das Wichtigste Learning: Wer sich früh um den Nachwuchs und das Talent in der Breite kümmert, kann schmerzhafte Abgänge auffangen. Das klappt meist im Sport. Und manchmal ganz sicher auch in Unternehmen.

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In diesem Artikel
Hannes Hilbrecht

Hannes, Jahrgang 1993, gestaltet Content-Marketing-Projekte für die Digital-Agentur MANDARIN MEDIEN. Schrieb zuvor für Medien wie ZEIT ONLINE, den Berliner Tagesspiegel oder NDR.de. Ist nebenbei Fußballkolumnist. Erzählt jedem, den er trifft, dass er LeBron James interviewt hat. Für euch erreichbar unter: hannes.hilbrecht(ett)growsmarter.de

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