#BusinessBall: Führungskräfte auf dem Platz - was sie uns lehren
New Work

#BusinessBall: Führungskräfte auf dem Platz - was sie uns lehren

Sie stehen für Führungsstärke, Verantwortung und Organisationstalent. Drei Sportler, die in jedem Büro gute Teamleader wären. Was wir von ihnen lernen können. Die Kolumne #BusinessBall.

von Hannes Hilbrecht
Die Business-Ball-Vorträge von Redakteur Hannes erfreuen sich noch keiner großen Beliebtheit. © growsmarter.de

Meine erste Führungskraft hieß Karl. Ein sportlicher Junge mit roten Haaren, Sommersprossen, Pausbacken und dicken Waden. Karl war schon in der Pampersliga der Kapitän und Abwehrchef. Ein eiskalter Typ, der als Erster aus unserer Mannschaft den Ball stoppen und ihn sogar am Gegner vorbei spielen konnte, während wir unsere Stelzen noch auf dem Acker sortierten. Wenn Karl dabei war, wusste jeder aus dem Team, dass es heute gut für uns ausgehen würde. Fehlte Karl, brach unserer Gefüge zusammen. Karl war unser Leader.

Leaderchip – ein wichtiges Thema in der New Work

Leaderchip ist nicht nur auf dem Fußballplatz ein wichtiges Thema, sondern auch in der New Work. Die Räume, in denen wir arbeiten, verändern sich. Wir arbeiten agiler und flexibler. Trotzdem braucht es im Büro und in Projekten klare Führung, wir können es auch anders nennen: Orientierung. Ohne Führungskräfte diffundieren unsere Kompetenzen wild und ziellos umher.

Als Angestellter, Kollege und Sport-Fan weiß ich Führungsstärke in ihren verschiedenen Stilen und Ausprägungen zu schätzen. Für diese Kolumne möchte ich stark vereinfacht drei Weltsportler und Weltsportlerinnen als Muster-Typen vorstellen, die Führung anders, aber jeweils gut definierten und teilweise immer noch definieren. Und ich möchte einen schwedischen Eishockey-Gott vorstellen, der diese unterschiedlichen Typen zur Perfektion vereinte.

Der Organisator: Franz Beckenbauer

Franz Beckenbauer war ein herausragender Sportler, ein Ästhet, vielleicht der größte Fußball-Kapitän in der Geschichte dieses Spiels. Man muss sich das immer wieder sagen, um es auch wirklich zu glauben. Die letzten Jahre waren keine guten für den Kaiser.

Ein Leader muss gut kommunizieren

Als Fußballer war Beckenbauer ein herausragender Organisator. Einer, der die Mannschaft ordnete, der den Pass spielte, der einen erfolgreichen Angriff einleitete. Beckenbauer, schwärmen Fachkundige noch heute, sah für fast jeden den richtigen Raum. Beckenbauer schoss keine hunderte Tore – aber er machte jeden Mitspieler besser. Kann es eine bessere Führungskraft geben, als die, die sich nicht selbst profiliert, sondern die Talente aller anderen fördert und damit das Team stärkt?

Organisatoren können, müssen aber nicht die besten Individualisten sein. Viel wichtiger: Sie geben einem Team eine Form - und machen jedes Individuum besser. Was sie eint: Erfolgreiche Kommunikation. LeBron James sagte mir in einem Interview: "Ein Leader muss reden können. Mit den Mitspielern, dem Trainer, den Fans. Kommunikation ist das Wichtigste, wenn man eine Mannschaft anführt“.

Das Mentalitätsmonster: Tom Brady

Tom Brady ist Quarterback und Footballstar. Er hat als Spielmacher die meisten SuperBowl-Siege errungen. Er ist eine Ikone des US-Sports. Für viele ist er der beste Quarterback aller Zeiten.

Es gibt kundige Leute, die dem ein bisschen widersprechen (ich zum Beispiel). Es gibt nämlich Quarterbacks, die können viel präziser und härter werfen als Brady. Andere, die besser improvisieren, die sehr viel flexibler sind. Und wieder andere, die viel spektakulärer und damit fesselnder spielen. Brady ist trotzdem der erfolgreichste. Und das liegt an seiner Mentalität.

Mentalität schafft Urvertrauen

Die letzten drei Super-Bowls, die Brady gewann, waren imponierend:

2015: Gegen Seattle - Brady spielte viele Minuten enttäuschend, machte (vermeintlich) entscheidende Fehler, drehte dann aber einen 14:24-Rückstand binnen 15 Minuten zum Sieg.

2017: Gegen Atlanta - Sein Team lag mit 25 Punkten im Rückstand, doch gewann er am Ende 34 zu 28 und schaffte eines der größten Comebacks der Sportgeschichte.

2019: Gegen Los Angeles - Hier spielte Brady eines der schlechtesten Spiele seiner Karriere, entschied dann aber in der Schlussphase mit wenigen gelungenen Aktionen doch noch das Spiel.

Brady, den die einen lieben und die anderen hassen, ist ein sogenanntes Mentalitätsmonster. Er gibt nie auf. Fast immer, wenn er liefern muss, liefert er. Als ob in seinem Kopf irgendetwas umspringt, wenn er in den Abgrund einer Niederlage blickt.

Der Wert für seine Mannschaft ist enorm. Seine bloße Anwesenheit motiviert seine Kollegen zur Höchstleistung, selbst wenn in seinem Kerngeschäft, der Offensive, nichts funktioniert. Es gibt keine kollektiven Zusammenbrüche, weil jeder Spieler weiß: Wenn wir unseren Job machen, dann findet Brady irgendwann immer eine Lösung. Immer.

Erst das Urvertrauen in den Anführer macht kollektive Comebacks, die niemals das Resultat eines Einzelnen sind, überhaupt möglich.

Die Leistungsträgerin: Abby Wambach

Als „fearless“ (furchtlos) beschrieben Wegbegleiterinnen Abby Wambach. Wambach hat 255 mal für die USA-Frauen-Nationalmannschaft Fußball gespielt und 184 Länderspiel-Tore geschossen. Mehr als jede andere Frau. Mehr als jeder andere Mann im Nationaltrikot.

Wambach war eine herausragende Individualistin, sie konnte Spiele alleine entscheiden. Sie war eine Einzelkönnerin, die Autorität und Respekt schon aus einem einzigen Grund für sich gewann: Sie war die beste Spielerin auf dem Feld, die talentierteste und die verlässlichste. Ein Vorbild, dem junge Teamkolleginnen nacheifern wollen.

Talent als Gefahr

Doch ist Talent auch manchmal eine Gefahr. Es gibt den Neid der Teamkolleginnen, sofern sich die öffentlichen Scheinwerfer zu sehr auf eine Person konzentrieren. Und es besteht immer die Gefahr des Abhebens, der aufschäumenden Igno- und Arroganz.

Was Wambach endgültig zur perfekten Leaderin machte? Ein Spiel gegen Mexiko. Nach einem Zusammenprall mit einer Gegenspielerin platzte auf ihrer Stirn eine Wunde auf, viele Zentimeter groß. Das regennasse Haar färbte sich durch das Blut rot. Wambach ließ die Wunder tackern – und spielte kurz darauf weiter. Das macht niemand, der nicht für das Team einsteht.

Definiert sich eine Führungskraft über die eigene Leistung und umschifft sie zudem Allüren aller Art – ist sie eine Inspiration für alle Teamkollegen. Und eine Bereicherung für jedes Unternehmen.

Der Perfekte: Nicklas Lidström

Mentalität. Individuelles Können. Organisation. Teamspirit. Der schwedische Eishockeyspieler Nicklas Lidström war die perfekte Führungskraft auf dem Eis. Er gilt als einer der besten Verteidiger der Sportgeschichte. Er schoss 264 Tore, bereitete über 800 vor. Lidström war ein herausragender Individualist, der sich immer wieder zurücknahm und seine Mitspieler inszenierte. Seinen ersten Hattrick, drei Tore in einem Spiel, schoss er erst mit 40.

Als Kapitän gewann er die drei wichtigsten Titel in seinem Sport (Stanley Cup, Weltmeisterschaft und Olympia) und er tat das in einer selten dagewesenen Professionalität. Von über 1500 möglichen Spielen verpasste er nur 19 verletzungsbedingt. Sein Spind, sagten Kollegen, sei in der Kabine immer der sauberste gewesen.

Antizipation und Intelligenz

1997, in einer brutalen Playoff-Serie gegen Philadelphia, in der die Spieler wie Vladimir Konstantinov Spitznamen wie „Impaler“ (Der Pfähler) trugen, stoppte Lidström den besten Gegenspieler Eric Lindros ohne eine einzige Strafzeit, ohne auch nur eine unfaire Handlung. Hart, konsequent – aber jederzeit anständig. Er konnte in einer brachialen Sportart voller Eleganz spielen, weil er das Spiel, das Geschäft, besser verstand als jeder andere.

Seine größten Stärken als Spieler, transformierte er in seine Mannschaftsführung: Antizipation und Intelligenz. Und damit ist er ein ideales Vorbild für jede Führungskraft.

Die weiteren Beiträge der Kolumne "BusinessBall"

Ausgabe #1: Über Mentoring: 

Ausgabe #2: Über Entscheidungsfindung:

In diesem Artikel
Hannes Hilbrecht

Hannes, Jahrgang 1993, gestaltet Content-Marketing-Projekte für die Digital-Agentur MANDARIN MEDIEN. Schrieb zuvor für Medien wie ZEIT ONLINE, den Berliner Tagesspiegel oder NDR.de. Ist nebenbei Fußballkolumnist. Erzählt jedem, den er trifft, dass er LeBron James interviewt hat. Für euch erreichbar unter: hannes.hilbrecht(ett)growsmarter.de

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